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Engisch, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1960, 1. Abhandlung): Logische Studien zur Gesetzesanwendung — Heidelberg, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.42461#0127
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Logische Studien zur Gesetzesanwendung

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kann man sehr wohl ihre Revisibilität vertreten, obwohl es sich
hier insoweit logisch nicht um eine „Rechtsfrage“ dreht (siehe denn
auch Schwinge, S. 152 ff., 183 f., 192 f.). Auch für die Auslegung
von Willenserklärungen wird von Schwinge nicht nach logischen
Gesichtspunkten unterschieden, sondern nach dem Gesichtspunkt:
Frage von allgemeiner oder von konkret-individueller Bedeutung ?
(Schwinge S. 166ff.). Es wird deshalb vor allem die Revisibilität
der Auslegung aller typischen Verträge und allgemeinen Geschäfts-
bedingungen anerkannt (S. 170/71, vgl. auch schon S. 92ff.). Ent-
sprechend nimmt nun auch Peters manches von der Revision aus,
was logisch genommen Rechtsfrage, genauer Subsumtionsfrage ist,
und bezieht manches in sie ein, was logisch genommen zur Tat-
sachenfeststellung gehört. Ausdrücklich heißt es (S. 68): „Nicht
alles, was der Tatfrage dient, ist irrevisibel, erst recht nicht ist alles,
was der Rechtsfrage dient, revisibel“. In Hinsicht auf die Rechts-
frage erklärt Peters, daß „zur Lösung von Ermessensfragen im
Rahmen der Subsumtion der Richter der unteren Instanz berufen
ist“, denn „die Wertung, Abwägung und Wahrscheinlichkeitsprü-
fung sind in der Regel nur möglich im engsten Zusammenhang mit
der Betrachtung des Geschehnisses als Ganzes“ und „der konkrete
Hergang als Ganzes mit seinen Besonderheiten offenbart sich . . .
am klarsten in der unmittelbaren und echt mündlichen Verhand-
lung“ (S. 73)1. Auch die Auslegung von Meinungsäußerungen ist
„nicht revisibel insoweit, als sie nur im Rahmen des konkreten Vor-
ganges möglich ist, als die Umstände des Einzelfalles herangezogen
werden müssen, deren Würdigung wiederum nur in der Hauptver-
handlung möglich ist“ (S. 75). Umgekehrt wird die Tatsachenfest-
stellung der Revision zugänglich gemacht, wo sie sich „nicht auf
Angaben des Beschuldigten, auf Zeugenaussagen, auf Augenscheins-
einnahme stützt, wo es also nicht auf den unmittelbaren Eindruck
ankommt“, und das ist der Fall bei urkundlichen Feststellungen wie
z. B. bei Akten, die über Vorstrafen, bei Geburtsregisterauszügen,
die über das Alter eines Menschen Auskunft geben. Hat also z. B.
der Vorderrichter jemanden im Widerspruch zu solchen Urkunden

1 Auch in dem oben S. 102 besprochenen Beispielsfalle der verminderten
Sehschärfe würde Peters unter den dort angegebenen Umständen Irrevisibi-
lität annehmen müssen, obwohl es sich sicher logisch um eine Rechts-(Subsum-
tions-)frage handelt. Vgl. ferner die bei Peters S. 68/69 zitierten Reichsge-
richtsentscheidungen, denen Peters anscheinend von seinem Standpunkt aus
beitreten würde.
 
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