44 H. Hurten, Cusanus-Texte V. Brixener Dokumente • Erste Sammlung
I
Die Verordnung des Kardinals über die kirchliche Trauung ist in vollem
Umfang in die beiden ersten gedruckten Agenden des Bistums Brixen ein-
gegangen.7 Doch erscheint die Fassung unseres Formulars dort durch den
liturgischen Gebrauch im Verlauf der vierzig Jahre, die zwischen der Ein-
führung und dem ersten Druck liegen, in manchem verändert.
Der Kardinal hatte sich bereits auf der Diözesansynode von 1453 zu
Fragen der Eheschließung geäußert, aber damals vornehmlich die recht-
lichen Voraussetzungen behandelt und dabei bestimmt, daß die Sponsalien
ohne Feierlichkeit durch einfache Erklärung stattfinden könnten, die Ehe
aber nach dreimaliger Ankündigung während der Messe an den drei vor-
ausgegangenen Sonntagen feierlich „in facie ecclesie“ geschlossen werden
müsse. Falls dies nicht — und zwar vor Aufnahme der ehelichen Gemein-
schaft — geschehe, sollte in Zukunft der Brautsegen verweigert werden.8
In unserem Stück werden diese Forderungen erneut aufgegriffen und,
vermehrt um die Verpflichtung zu vorheriger Beichte, allen vorgelegt, die
„im Herrn zu heiraten gedenken“. Doch lag es dem Kardinal bei unserem
Stück wohl stärker daran, der liturgischen Form der Eheschließung, wie sie
in dieser Verfügung enthalten ist, Eingang zu verschaffen. Denn der in
Aussicht gestellte Ablaß gilt nicht allen, die den genannten Rechtsforde-
rungen nachkommen, sondern nur denen, die dabei die liturgische Form
wahren, die der Kardinal hier vorlegt. Aus uns unbekannten Gründen
wollte der Kardinal den neuen Ritus nicht zwingend vorschreiben, auch die
Verfügungen für Albeins (Nr. V) wollen ihn nur häufig bekannt gemacht,
aber nicht bindend eingeführt sehen. So sollte der Ablaß den Brautleuten
und ihren Angehörigen ein Anreiz sein, diese neue Form zu übernehmen.
Der Kardinal nennt den von ihm eingeführten Ritus „ex libris pontifi-
calis officii extractus, iuri scripto et multis ecclesiis bene ordinatis con-
7 Obsequiale Brixinense, gedruckt ca. 1494 (Incipit: „Sequuntur benedictiones
et ceremonialia sec. consuetudinem et rubricam ecclesie Brixinensis“) bei Erhart
Ratdolt in Augsburg (vgl. Copinger, Supplement to Hain’s Repertorium Biblio-
graphicum Neudrude Mailand 1948 P. II, Vol. I Nr. 4450 und Baur, Taufe S. 18 f.),
daraus jetzt bei Baur, Brauchtum S. 164 f. Der darin enthaltene, sehr fehlerhafte
Abdrude der Eheverordnung steht L näher als M. Der von Bischof Christoph Kar-
dinal von Madruzzo ca. 1550 veranlaßte Neudruck des Obsequiale unter dem Titel
Agenda seu liber obsequiorum iuxta ritum et consuetudinem dioecesis Brixinensis
(Dillingen bei Sebaldus Mayer o. J.) soll nach Sinnacher VI, 404 f. (dort Sacerdo-
tale Brixinense genannt) die Eheverordnung gleichfalls enthalten. Sie soll dort
vom 4. Juli datiert sein, "während das Obsequiale den 5. Juli hat. Der Neudruck
geht also vielleidit doch auf eine andere Vorlage zurück. Das Sacerdotale von ca.
1550 war mir nicht zugänglich (Beschreibung bei Baur, Taufe S. 22).
8 Bickell S. 35.
I
Die Verordnung des Kardinals über die kirchliche Trauung ist in vollem
Umfang in die beiden ersten gedruckten Agenden des Bistums Brixen ein-
gegangen.7 Doch erscheint die Fassung unseres Formulars dort durch den
liturgischen Gebrauch im Verlauf der vierzig Jahre, die zwischen der Ein-
führung und dem ersten Druck liegen, in manchem verändert.
Der Kardinal hatte sich bereits auf der Diözesansynode von 1453 zu
Fragen der Eheschließung geäußert, aber damals vornehmlich die recht-
lichen Voraussetzungen behandelt und dabei bestimmt, daß die Sponsalien
ohne Feierlichkeit durch einfache Erklärung stattfinden könnten, die Ehe
aber nach dreimaliger Ankündigung während der Messe an den drei vor-
ausgegangenen Sonntagen feierlich „in facie ecclesie“ geschlossen werden
müsse. Falls dies nicht — und zwar vor Aufnahme der ehelichen Gemein-
schaft — geschehe, sollte in Zukunft der Brautsegen verweigert werden.8
In unserem Stück werden diese Forderungen erneut aufgegriffen und,
vermehrt um die Verpflichtung zu vorheriger Beichte, allen vorgelegt, die
„im Herrn zu heiraten gedenken“. Doch lag es dem Kardinal bei unserem
Stück wohl stärker daran, der liturgischen Form der Eheschließung, wie sie
in dieser Verfügung enthalten ist, Eingang zu verschaffen. Denn der in
Aussicht gestellte Ablaß gilt nicht allen, die den genannten Rechtsforde-
rungen nachkommen, sondern nur denen, die dabei die liturgische Form
wahren, die der Kardinal hier vorlegt. Aus uns unbekannten Gründen
wollte der Kardinal den neuen Ritus nicht zwingend vorschreiben, auch die
Verfügungen für Albeins (Nr. V) wollen ihn nur häufig bekannt gemacht,
aber nicht bindend eingeführt sehen. So sollte der Ablaß den Brautleuten
und ihren Angehörigen ein Anreiz sein, diese neue Form zu übernehmen.
Der Kardinal nennt den von ihm eingeführten Ritus „ex libris pontifi-
calis officii extractus, iuri scripto et multis ecclesiis bene ordinatis con-
7 Obsequiale Brixinense, gedruckt ca. 1494 (Incipit: „Sequuntur benedictiones
et ceremonialia sec. consuetudinem et rubricam ecclesie Brixinensis“) bei Erhart
Ratdolt in Augsburg (vgl. Copinger, Supplement to Hain’s Repertorium Biblio-
graphicum Neudrude Mailand 1948 P. II, Vol. I Nr. 4450 und Baur, Taufe S. 18 f.),
daraus jetzt bei Baur, Brauchtum S. 164 f. Der darin enthaltene, sehr fehlerhafte
Abdrude der Eheverordnung steht L näher als M. Der von Bischof Christoph Kar-
dinal von Madruzzo ca. 1550 veranlaßte Neudruck des Obsequiale unter dem Titel
Agenda seu liber obsequiorum iuxta ritum et consuetudinem dioecesis Brixinensis
(Dillingen bei Sebaldus Mayer o. J.) soll nach Sinnacher VI, 404 f. (dort Sacerdo-
tale Brixinense genannt) die Eheverordnung gleichfalls enthalten. Sie soll dort
vom 4. Juli datiert sein, "während das Obsequiale den 5. Juli hat. Der Neudruck
geht also vielleidit doch auf eine andere Vorlage zurück. Das Sacerdotale von ca.
1550 war mir nicht zugänglich (Beschreibung bei Baur, Taufe S. 22).
8 Bickell S. 35.