56 H. Hurten, Cusanus-Texte V. Brixener Dokumente • Erste Sammlung
es auch: „Vor wem sie ihre Beicht verrichten“, „ob einer . . . (der Unkeusch-
heit) verdächtige Weibspersonen zu sich ins Haus kommen lasse“, „ob sie
Ringe oder gar zu glänzende Gürtel tragen“. Alle diese Fragen haben ihre
genauen Entsprechungen in Fr. 12. 10. 34, die Sondergut unseres Ver-
fassers sind.
Einen weiteren Hinweis für die Beziehung der Visitationsordnung nach
Brixen bietet die Abwandlung der Gersonschen Taufformel durch unseren
Autor. Bei Gerson wird der Täufling mit seinem Namen angeredet, dann
heißt es: „Ego te baptizo . . . Amen.“ Bei unserem Autor heißt es dagegen
nur: „Ego baptizo te . . .“; Anrede und Amen fehlen. Diese Formel ohne
Anrede und Amen entspricht genau der des „Ordo baptisterii“, der seit
dem frühen 13. Jahrhundert in Brixen in Gebrauch war,36 und abgesehen
von der Umstellung zu: „ . . . te baptizo . . .“ einer Anordnung des Kardi-
nals,37 der dabei ausdrücklich verbot, diesen Worten etwas hinzuzufügen.
Schließlich zeigt sich unser Visitationsschema in seiner eigentümlichen
Bestimmung, die bei der Visitation angehörten Laien zu vereidigen, der
vom Kardinal zur Reform von Kurie und Kirche vorgeschlagenen „Refor-
matio generalis“ verwandt, die ein gleiches anordnete und auch in der
Bezeichnung der Visitationszeugen als „maturiores viri“ einen Anklang an
unseren Text enthält.38
Andererseits läßt die Visitationsordnung eine Reihe von Verordnungen
des Kardinals für seine Diözese unberücksichtigt. Man wird zwar nicht
erwarten dürfen, daß in ihr jede einzelne Vorschrift angezogen wird; aber
es ist doch erstaunlich, daß sich von einigen Anordnungen, auf die der
Kardinal seit Beginn seiner Regierung in Brixen großen Wert gelegt hat,
wie der Korrektur der Missalien, nach der auch das Eichstätter Schema
fragt, und dem Verbot der Wallfahrt ohne die Erlaubnis der kirchlichen
Oberen gar keine Spur zeigt. Trotzdem wird man aber kaum Zweifel hegen
können, daß unsere Visitationsordnung in Brixen entstanden ist. Anders
lassen sich die erwähnten Übereinstimmungen im Sondergut unseres Autors
nicht erklären. Die Randbemerkungen des Schreibers G zu Fr. 97 „Nota
de claustro Inticensi“ dürfte zudem noch ein Hinweis sein, daß unsere
Visitationsordnung dort angewendet oder ihre Anwendung erwartet wurde.
Ob der Kardinal persönlich der Verfasser dieses Schemas ist, läßt sich
36 Baur, Taufe S. 27. Die Formel: Et ego te baptizo ... ist für 1494 und ca. 1550
belegt. Das Amen, das auch Aurbach f. 28v in seiner Taufformel hat, aber als nicht
zur Substanz gehörig bezeichnet, steht in der Brixener Agende von ca. 1550 noch
nicht, wird aber 1557 bei der Visitation von Axams als die dort übliche Form fest-
gestellt. Das Sacerdotale von 1609 enthält erstmals die namentliche Anrede des
Täuflings, die auch bei Aurbach noch nicht erwähnt ist, und das Amen. Baur, Taufe
S. 52 Textkrit. App. 1—3. 37 Vgl. Nr. V S. 39, 1—3.
38 Stephan Ehses, Der Reformentwurf des Kardinals Nikolaus Cusanus. HJB
32. Jg. 1911 S. 274 ff.
es auch: „Vor wem sie ihre Beicht verrichten“, „ob einer . . . (der Unkeusch-
heit) verdächtige Weibspersonen zu sich ins Haus kommen lasse“, „ob sie
Ringe oder gar zu glänzende Gürtel tragen“. Alle diese Fragen haben ihre
genauen Entsprechungen in Fr. 12. 10. 34, die Sondergut unseres Ver-
fassers sind.
Einen weiteren Hinweis für die Beziehung der Visitationsordnung nach
Brixen bietet die Abwandlung der Gersonschen Taufformel durch unseren
Autor. Bei Gerson wird der Täufling mit seinem Namen angeredet, dann
heißt es: „Ego te baptizo . . . Amen.“ Bei unserem Autor heißt es dagegen
nur: „Ego baptizo te . . .“; Anrede und Amen fehlen. Diese Formel ohne
Anrede und Amen entspricht genau der des „Ordo baptisterii“, der seit
dem frühen 13. Jahrhundert in Brixen in Gebrauch war,36 und abgesehen
von der Umstellung zu: „ . . . te baptizo . . .“ einer Anordnung des Kardi-
nals,37 der dabei ausdrücklich verbot, diesen Worten etwas hinzuzufügen.
Schließlich zeigt sich unser Visitationsschema in seiner eigentümlichen
Bestimmung, die bei der Visitation angehörten Laien zu vereidigen, der
vom Kardinal zur Reform von Kurie und Kirche vorgeschlagenen „Refor-
matio generalis“ verwandt, die ein gleiches anordnete und auch in der
Bezeichnung der Visitationszeugen als „maturiores viri“ einen Anklang an
unseren Text enthält.38
Andererseits läßt die Visitationsordnung eine Reihe von Verordnungen
des Kardinals für seine Diözese unberücksichtigt. Man wird zwar nicht
erwarten dürfen, daß in ihr jede einzelne Vorschrift angezogen wird; aber
es ist doch erstaunlich, daß sich von einigen Anordnungen, auf die der
Kardinal seit Beginn seiner Regierung in Brixen großen Wert gelegt hat,
wie der Korrektur der Missalien, nach der auch das Eichstätter Schema
fragt, und dem Verbot der Wallfahrt ohne die Erlaubnis der kirchlichen
Oberen gar keine Spur zeigt. Trotzdem wird man aber kaum Zweifel hegen
können, daß unsere Visitationsordnung in Brixen entstanden ist. Anders
lassen sich die erwähnten Übereinstimmungen im Sondergut unseres Autors
nicht erklären. Die Randbemerkungen des Schreibers G zu Fr. 97 „Nota
de claustro Inticensi“ dürfte zudem noch ein Hinweis sein, daß unsere
Visitationsordnung dort angewendet oder ihre Anwendung erwartet wurde.
Ob der Kardinal persönlich der Verfasser dieses Schemas ist, läßt sich
36 Baur, Taufe S. 27. Die Formel: Et ego te baptizo ... ist für 1494 und ca. 1550
belegt. Das Amen, das auch Aurbach f. 28v in seiner Taufformel hat, aber als nicht
zur Substanz gehörig bezeichnet, steht in der Brixener Agende von ca. 1550 noch
nicht, wird aber 1557 bei der Visitation von Axams als die dort übliche Form fest-
gestellt. Das Sacerdotale von 1609 enthält erstmals die namentliche Anrede des
Täuflings, die auch bei Aurbach noch nicht erwähnt ist, und das Amen. Baur, Taufe
S. 52 Textkrit. App. 1—3. 37 Vgl. Nr. V S. 39, 1—3.
38 Stephan Ehses, Der Reformentwurf des Kardinals Nikolaus Cusanus. HJB
32. Jg. 1911 S. 274 ff.