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Nikolaus [Hrsg.]; Hürten, Heinz [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1960, 2. Abhandlung): Brixener Dokumente , 5: Akten zur Reform des Bistums Brixen — Heidelberg, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.42462#0065
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Erläuterungen zu Nr. Y

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tationsordnung gewonnen. Zwischen der Abfassung der Visitationsordnung
und der Visitation in Albeins auf die unsere Verfügungen anscheinend
ziemlich prompt antworten, da noch nicht alle Fragen abschließend geklärt
sind, können sehr wohl einige Monate verflossen sein. Ich neige dazu,
Nr. IV kurz vor dem 5. Juli 1455 anzusetzen, als die Verordnung über die
neue Form der Eheschließung schon konzipiert, aber noch nicht verkündet
war. Wäre sie jünger als diese Verordnung, dürfte man wohl eine Frage
nach der Beachtung des neuen Ritus erwarten, auf den der Kardinal doch
soviel Wert legte. Sie fehlt, es fehlt aber auch die entsprechende Frage
Gersons. Sie hatte nicht einfach übernommen werden können, weil sie
— anders als es in Brixen üblich war — die Trauung nur mehr in der Kirche
gelten ließ. Bei der sonstigen Arbeitsweise des Verfassers von Nr. IV wäre
zu erwarten, daß er Gersons Frage entsprechend umgeformt hätte. Darf
man aus dieser Unterlassung den Schluß ziehen, daß er in der für längeren
Gebrauch geplanten Visitationsordnung keine Frage nach Eheschließung
und Brautmesse stellte, weil hier eine Neuordnung zu erwarten, aber noch
nicht eingetreten war?
Die Ansetzung der Visitationsordnung und der Verfügungen für Albeins
auf Sommer oder Herbst des Jahres 1455 würde gut zu dem passen, was
wir sonst über die Visitationen des Kardinals wissen. Am 20. Juli 1455
visitierte er die Pfarrkirche von Brixen, nachdem er zu Beginn der Fasten-
zeit ebenso wie im Jahre zuvor die Domkirche visitiert hatte.50 Möglicher-
weise war die Visitation der Brixener Pfarrkirche der Beginn einer
Visitation der ganzen Diözese durch den Bischof und seine Beauftragten.
Anders als heute war ja damals die bischöfliche Visitation keine ständige
Institution, die in regelmäßig wiederkehrendem Turnus die ganze Diözese
durchlief, sondern eine außerordentliche Maßnahme. Daß dieses auch in
Brixen der Fall gewesen ist, ergibt sich nicht nur aus der Bemerkung in
Nr. V, daß in Albeins seit langem nicht mehr visitiert worden sei, sondern
auch aus den Bestimmungen der Diözesansynoden. 1453 wird dem Klerus
die Verpflichtung eingeschärft, die Kapitel zu besuchen, und diesen die
Untersuchung aller möglichen Mißstände an Hand eines Fragebogens über-
tragen. In der nächsten uns bekannten Synode von 1455 ist davon keine
Rede mehr. Dagegen klagt der Kardinal auf der Diözesansynode von 1457
darüber, daß seine bisherigen Anordnungen über die Kapitel nicht befolgt
seien, und schärft sie darum erneut ein. Die drei Kapitelsbezirke, die Ter-
mine der Versammlungen, ihre Präsidenten und deren Ansprüche werden
genau bestimmt. Die bischöflichen „commissarii et visitatores“, die den
einzelnen Kapiteln präsidieren sollen, werden zudem angewiesen, in der
Zeit zwischen den alljährlichen Kapiteln die Pfarreien in den ihnen zuge-
50 Koch, Predigten Nr. CLXXXIXff. (S. 147) und S. 148 Anm. 1 sowie Nr.
CLXVII (S. 136).
 
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