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Pöschl, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1961, 1. Abhandlung): Die große Maecenas-Ode des Horaz (c. 3,29) — Heidelberg, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.44190#0021
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Die große Maecenasode des Horaz

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lung seines Gönners und dem eigenen zurückgezogenen unangefochtenen
Leben, auf dem ein besonderer Glanz liegt: der Glanz der Freiheit.
Nach der Anrede werden die Requisiten des Symposiums genannt, die
Horaz bereithält, aus der antiken Liebes- und Trinkpoesie wohl bekannte
Gaben6, die eine Atmosphäre heraufbeschwören, die voller Intimität ist.
Sie entsprechen dem Range des Gastes: milder Wein, Rosenblüten, die
arabische Myrobalanus, die für kostbare Salben verwendet wurde, wie
Dioskurides (4, 157) bezeugt7.
Erlesen sind die Gaben, erlesen Stil und Wortfügung. Der Vers cum
flore Maecenas rosarum läßt Maecenas gleichsam von Rosenblüten um-
kränzt erscheinen gemäß der oft nicht erkannten, in der lateinischen Dich-
tung weitverbreiteten, abbildenden Wortstellung8, die zu dem Phäno-
men „Sprache als Abbild der Wirklichkeit“ gehört. Auch der milde Wein
ist von dem vorher nicht gestürzten Tonfaß eingeschlossen: non ante verso
lene merum cado und das verschlungene pressa tuis balanus capillis deutet
an, wie das Salböl in die Haare dringen wird. Der letzte Vers, der die
Haare des Freundes nennt - die Haare, die der erotischen Poesie der
Antike so teuer sind -, ist von besonderer Zärtlichkeit.
Strophe 2
Die Mahnung eripe te morae ist ganz wörtlich gemeint: Maecenas soll
nicht länger säumen, soll sich aufraffen und kommen. Doch wird damit ein
6 Vgl. die reichen Beispiele, die das 15. Buch des Athenaeus enthält.
7 Hier kann man verfolgen, wie die Erklärung der Stelle von Orelli-Baiter zu
Heinze schrittweise unzulänglicher wurde. Orelli-Baiter (und die älteren Kom-
mentare) verwiesen auf die Bemerkungen des Dioskurides (4, 157) zur βάλανος
μυρεψική, die wohl mit der Behennuß (Moringa oleifera) identisch ist: καρπός
έστιν δένδρου μυρίκη έοικότος όμοιου τω λεγομένω Ποντικφ καρύφ ού τό έντός
θλιβόμενον ώσπερ τά πικρά αμύγδαλα έξίησιν υγρόν, ώ ε’ις τά πολυτελή μύρα
αντί ελαίου χρώνται. Kiessling läßt aus unerfindlichen Gründen diesen für die
Erklärung notwendigen Hinweis fallen und erwähnte statt dessen nur Plin.
n. h. 12, lOOff. ohne erläuternden Zusatz. Heinze aber schreibt: „myrobalanum,
die eichelförmige Frucht eines in Ägypten und Arabien heimischen Baumes;
aus ihrem Rindenöl wird eine Salbe hergestellt, die nicht gerade zu den kost-
barsten orientalischen Spezereien gehört, Plin. n. h. 12, lOOff.“, was in klarem
Widerspruch zu der Bemerkung des Dioskurides steht und aus der Preisangabe
des Plinius deshalb nicht gestützt werden kann, weil die unguentarii offenbar
nur die Schale der Frucht verwendeten.
8 Bei J. Marouzeau, Traite de stylistique latine, 1946, Kapitel: Ordre des mots,
findet sich kein Hinweis auf diesen wichtigen Aspekt. Auf die Bedeutung der
Wortstellung in der Anrede bei Horaz hat Ed. Fraenkel, Das Pindargedicht
des Horaz, SbHeid. Ak. 1932, 13f. hingewiesen, ohne das besonders erlesene
Beispiel aus c. 3, 29 zu erwähnen. Von dem, was er nennt, möchte ich das schöne
duld Tyndari fistula (c. 1, 17, 10) hervorheben, wo Tyndaris gleichsam von
süßen Flötenklängen umspielt wird. Auch dort wird die Anrede dadurch be-
sonders liebevoll wie in 3, 29.
 
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