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Pöschl, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1961, 1. Abhandlung): Die große Maecenas-Ode des Horaz (c. 3,29) — Heidelberg, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.44190#0025
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Die große Maecenasode des Horaz

15

Strophe 4
Den Purpurdecken, die nach Lucrez dem Kranken nicht helfen können14 15,
hat der Dichter, um das Bild des Prunkes zu erhöhen, die schweren Dra-
perien hinzugefügt, die baldachinartig über der Tafel schweben14“. Die Be-
reiche des Maecenas und Horaz sind hier neu unter dem Gegensatz Reich
und Arm begriffen. Kennzeichnend für den Reichen ist die ,besorgte Stirn“,
die sich glättet, sobald er in das Haus des Armen kommt. Die Verwand-
lung drückt sich auch stilistisch aus. Die syntaktische Fügung wird kunst-
loser, lockerer. Auch die Wortwahl ist lässig-beiläufig, bequem, wie das
die Strophe einleitende plerumque zeigt, das etwas vom Plauderton der
Umgangssprache hat. Wir steigen aus der unbehaglichen Welt der Mäch-
tigen hinab in das bescheidene Haus des Dichters, das gleichwohl unter
göttlichem Schutze steht (parvo sub Larep5. Mit dem Frieden, den der hohe
Gast hier findet, ist die Gruppe der ersten vier Strophen, die eine Einheit
bilden, zu einem wohltuenden ruhigen Abschluß gekommen: die beiden
Bereiche scheinen zueinander gefunden zu haben.
Dann aber setzt, in gewissem Kontrast hierzu, die Aufforderung an den
Freund mit neuer Wucht ein:
Strophe 5
Als zusätzliches Motiv wird die Sommerhitze eingeführt, vorbereitet
durch das udum Tibur der zweiten Strophe. Daß sie durch Sternbilder um-
schrieben wird, kommt nicht nur daher, daß Horaz eine prunkvolle Um-
schreibung in alexandrinischer Manier geben will, die die Erwähnung des
Hundssterns in der griechischen Lyrik in ähnlichem Zusammenhang (Al-
kaios 94 D. nach Hesiod, Erga 582ff.) überbieten soll, und auch nicht allein
daher, daß er das Herz des sternkundigen Maecenas erfreuen möchte (so
Heinze), sondern aus der dichterischen Absicht, die Ausbreitung und das
Anschwellen der Hitze darzustellen und vor allem, und hierin liegt die
Bedeutung der Strophe für die Gesamtstruktur, die Öffnung einer neuen
Dimension vorzubereiten, die Ausweitung des Gedichtes, die sich im Fol-
genden vollzieht. Die Strophe atmet kosmische Weite: gewaltige Mächte
14 Lucrez 2, 34ff. Über die Nachwirkung des gleichen Zusammenhanges auf die
Otiumode Hermes 84, 1956, 82ff.
14a Über Vorhänge und Baldachine beim Mahl vgl. F. Studniczka, Das Symposion
Ptolemaios II., Abh. Sächs. Ges. d. Wiss. 30, 1914 (Stichworte αύλαϊαι, und
ουρανίσκος im Register). Wie Vorhänge als eine Art Sonnensegel baldachin-
artig verwendet werden können, zeigt z. B. das Nilmosaik von Palestrina
(Studniczka a. O. 81) Cf. Virgil, Aen. 1, 697 und Horaz s. 2, 8, 54 und die
Scholien zu diesen Stellen.
15 Vgl. c. 2, 18, 11: pauperemque dives me petit. Vgl. Diog. Laert. 2, 69.
 
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