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Pöschl, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1961, 1. Abhandlung): Die große Maecenas-Ode des Horaz (c. 3,29) — Heidelberg, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.44190#0046
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Viktor Pöschl

der einen oder anderen Ordnung zurechnen. Hierauf beruht die eherne
Geschlossenheit und Festigkeit dieser Gedichte. In der Ode haben wir
an wichtigsten Ordnungsprinzipien die Dreigliederung (die schon Heinze
erkannte), eine Gliederung in zwei Hälften und eine solche in vier mal
vier Strophen.
Das Gedicht erweist sich zunächst als ein Triptychon: die vier Strophen
der Anfangsgruppe und die der Schlußgruppe umgeben wie eine Schale
die acht Kernstrophen, in deren Mitte der Kernsatz steht.
Das Einsetzen dieser drei Hauptgruppen ist durch eine besonders mäch-
tige, glanzvolle Eingangsstrophe und einen besonders markanten Ein-
gangsvers deutlich gekennzeichnet: das Symposion, das des „tyrrhenischen
Königssprosses“ würdig ist - die Sternbilder - Fortuna. Jedesmal ist die
Anfangsstrophe durch ein Trikolon prunkvoll ausgestattet.
Die Anfangsgruppe Strophe 1-4 enthält die Einladung, die sich zur
Aufforderung an den Freund erweitert, aus dem Bereich der Sorge über-
zutreten in den Bereich der Heiterkeit und Freiheit. Das „Muster“ dieser
Gruppe ist mit höchster Kunst gewebt, der Stil ist prunkvoll, dicht, ge-
tragen, zum Teil lastend und geballt. Die ersten drei Strophen enthalten
je drei sorgfältig gegliederte und abgewandelte Trikola, die vierte bietet
den schlichten, heiter ruhigen Abschluß: das Glück, das der Reiche im
Hause des Armen findet.
Im Gegensatz zu dieser prunkvollen Geformtheit wohnte der Schluß-
gruppe Strophe 13-16, die den Triumph des Dichters über Fortunens Lau-
nen schildert, etwas Fleiter-Gelassenes, Enthobenes inne. Der kunstreichen
Gegliedertheit und dichten Pracht des Anfangs steht hier eine größere
Schlichtheit und Gelöstheit namentlich in den Strophen 14 und 16 gegen-
über. Nur ein einziges Trikolon findet sich in der Gruppe und bezeichnen-
derweise dort, wo Fortunas Gebaren geschildert wird. Zu größerer Dra-
matik und Schwere erhebt sich die Diktion nur noch in der vorletzten
Strophe, wo die Seestürme und das leere Wimmern der Reichen geschil-
dert werden, während die Schlußstrophe durch beschwingte Heiterkeit
und den Glanz des Wunderbaren gekennzeichnet ist. Doch selbst in den
gewichtigeren Strophen, der Fortuna- und der Seesturmstrophe, sind die
Flyperbata und Wortverschränkungen seltener als im Anfangsteil des
Gedichtes. Immer wieder setzt sich die schlichtere Wortfolge der Prosa
durch (ludum insolentem ludere pertinax, transmutat incertos honores,
nunc mihi nunc alii benigna, ad miseras preces decurerre, Cypriae Ty-
riaeque merces). Thematisch sind Anfangs- und Schlußgruppe vor allem
dadurch verbunden, daß sie persönlich gehalten sind, daß das Ich des
Dichters hervortritt, während sie andererseits insofern miteinander kon-
trastieren, als der Einladung an den Königssproß Maecenas am Anfang
die souveräne Absage des Dichters an Fortuna am Schluß entspricht, in der
in verhüllter Form auch die Unabhängigkeit des Dichters von Maecenas
 
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