Viktor Pöschl
non tarnen irritum quodcumque retro est 11 Silben
efficiet neque diffinget infectumque reddet 15 „
quod fugiens semel hora vexit 10 „
Die ungeheure Dramatik und Leidenschaft dieses Abschnitts spiegelt sich
in der Sprengung des Satz- und Strophengefüges.
In welch kunstvoller Weise die Kerngruppe in sich differenziert ist
und wie streng ihre beiden Hälften aufeinander bezogen sind, haben wir
früher erörtert. Das hängt nun auch aufs engste mit dem zweiten Gliede-
rungsprinzip, der Gliederung m zwei Hälften zusammen. Formal betrach-
tet ist die erste Hälfte des Gedichtes (Strophen 1-8) im Ganzen prunk-
voller, strenger und dichter als die zweite. Die festlich prunkvolle Intonie-
rung der Eingangsstrophe, die sich in dem Trikolon der Requisiten des
Symposions manifestiert, wird in nicht weniger als sechs Strophen der
ersten Odenhälfte durchgeführt (Strophen 1-3 und 5-7), die alle je ein
Trikolon enthalten. Die in der ersten Strophe angeschlagene Tonart be-
herrscht sozusagen die erste Hälfte der Ode. In der zweiten Gedichthälfte
kommen hingegen nur zwei Trikola in Strophe 12 und 13 vor. Aber sie
sind anderer Art. Es wird nicht die bunte Fülle der Wirklichkeit aufge-
zeigt (die Requisiten des Symposions, die Orte der römischen Campagna,
Last und Prunk Roms, die Sternbilder der Julihitze, die Orte der Er-
quickung, die Grenzvölker), sondern je ein einziges Verhalten - das An-
kämpfen der Gottheit gegen das Vergangene (Strophe 12) und das Ge-
baren Fortunas (Strophe 13) - wird dreifach auseinandergelegt.
Die zweite Odenhälfte ist weniger dicht und streng gebaut: in ihrem
ersten Teil sprengt die leidenschaftliche Bewegung die Form, im zweiten
löst heitere Gelassenheit die Strenge. Inhaltlich bewegt sich die erste im
Aktuellen, Konkreten, die zweite im Prinzipiellen und Allgemeinen; die
Gaben, die auf Maecenas warten, die Orte, auf die sein Blick von dem
mächtigen Palast in der lärmenden und rauchenden Stadt fällt, seine po-
52 Auch wenn wir die von N. I. Herescu, La Poesie Latine, fitude des structures
phoniques, 1960, untersuchten Vokalassonanzen an den Strophenschlüssen in
Rechnung ziehen, ergibt sich eine stärkere Formung der ersten Gedichthälfte.
1. Strophengruppe (1-4): capillis
parricidae
Romae
frontem
2. Strophengruppe (5-8): siccos
ventis
discors
memento
In der zweiten Gedichthälfte finden sich als einzige Assonanzen nur noch adesos
und quietos in den Strophen 9 und 10 (hier macht sich gleichsam die Formung
der ersten Odenhälfte noch bemerkbar), dann finden sich keine Assonanzen
mehr. Ich halte es für ausgeschlossen, daß dies Zufall ist.
non tarnen irritum quodcumque retro est 11 Silben
efficiet neque diffinget infectumque reddet 15 „
quod fugiens semel hora vexit 10 „
Die ungeheure Dramatik und Leidenschaft dieses Abschnitts spiegelt sich
in der Sprengung des Satz- und Strophengefüges.
In welch kunstvoller Weise die Kerngruppe in sich differenziert ist
und wie streng ihre beiden Hälften aufeinander bezogen sind, haben wir
früher erörtert. Das hängt nun auch aufs engste mit dem zweiten Gliede-
rungsprinzip, der Gliederung m zwei Hälften zusammen. Formal betrach-
tet ist die erste Hälfte des Gedichtes (Strophen 1-8) im Ganzen prunk-
voller, strenger und dichter als die zweite. Die festlich prunkvolle Intonie-
rung der Eingangsstrophe, die sich in dem Trikolon der Requisiten des
Symposions manifestiert, wird in nicht weniger als sechs Strophen der
ersten Odenhälfte durchgeführt (Strophen 1-3 und 5-7), die alle je ein
Trikolon enthalten. Die in der ersten Strophe angeschlagene Tonart be-
herrscht sozusagen die erste Hälfte der Ode. In der zweiten Gedichthälfte
kommen hingegen nur zwei Trikola in Strophe 12 und 13 vor. Aber sie
sind anderer Art. Es wird nicht die bunte Fülle der Wirklichkeit aufge-
zeigt (die Requisiten des Symposions, die Orte der römischen Campagna,
Last und Prunk Roms, die Sternbilder der Julihitze, die Orte der Er-
quickung, die Grenzvölker), sondern je ein einziges Verhalten - das An-
kämpfen der Gottheit gegen das Vergangene (Strophe 12) und das Ge-
baren Fortunas (Strophe 13) - wird dreifach auseinandergelegt.
Die zweite Odenhälfte ist weniger dicht und streng gebaut: in ihrem
ersten Teil sprengt die leidenschaftliche Bewegung die Form, im zweiten
löst heitere Gelassenheit die Strenge. Inhaltlich bewegt sich die erste im
Aktuellen, Konkreten, die zweite im Prinzipiellen und Allgemeinen; die
Gaben, die auf Maecenas warten, die Orte, auf die sein Blick von dem
mächtigen Palast in der lärmenden und rauchenden Stadt fällt, seine po-
52 Auch wenn wir die von N. I. Herescu, La Poesie Latine, fitude des structures
phoniques, 1960, untersuchten Vokalassonanzen an den Strophenschlüssen in
Rechnung ziehen, ergibt sich eine stärkere Formung der ersten Gedichthälfte.
1. Strophengruppe (1-4): capillis
parricidae
Romae
frontem
2. Strophengruppe (5-8): siccos
ventis
discors
memento
In der zweiten Gedichthälfte finden sich als einzige Assonanzen nur noch adesos
und quietos in den Strophen 9 und 10 (hier macht sich gleichsam die Formung
der ersten Odenhälfte noch bemerkbar), dann finden sich keine Assonanzen
mehr. Ich halte es für ausgeschlossen, daß dies Zufall ist.