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Heinrich Bornkamm
funden und bei aller scharfen Kritik an seinen eigenen Schriften zu-
gleich auch ohne Ziererei gewußt und ausgesprochen, daß er von die-
ser Kunst etwas verstand: „Wie ich mich (in Gott) auch vermessen
und on hohmut und lügen rümen thar, das ich etlichen der Veter
wolt nicht viel zuvor geben4, wenn es solt bücher machens gelten.
Des Lebens kan ich mich weit nicht gleich rhümen5.“ So heißt es in
derselben Vorrede. Es wäre undankbar gegen Gott und eine „dumme
Demut“, solche Gaben abzuleugnen. In Gott darf man sich seiner
Gaben rühmen, so wie er sich etwa nicht nehmen lassen wollte, was
er unter dem Segen des Heiligen Geistes in der Auslegung und Ver-
deutschung seines geliebten Psalters erreicht habe, wobei er es frei-
lich weit von sich wies, als Dichter zu gelten. Er ordnete sich - für
uns heute seltsam - neidlos der lateinischen Psalmenübersetzung des
Eobanus Hessus unter, die ihn entzückt hatte6. Luther bedachte da-
bei sehr wohl, daß Schriftstellerei etwas mit Gelehrsamkeit („Kunst“
im Sprachgebrauch der Zeit) zu tun habe, die man sich ja nicht selbst
geben kann, sondern in der Jugend empfangen muß. Eine seiner
stolzesten Äußerungen steht im Zusammenhang seines eindring-
lichen Aufrufs, den Kindern eine gute Bildung zu geben, und des
Dankes an seinen Vater, der ihn „durch seinen sauren schweis und
erbeit“ auf die Schule und Universität gebracht habe. So sei er „durch
die schreibfedder so fern körnen, das ich itzt nicht wollt mit dem
Turckischen Keiser beuten (tauschen), das ich sein gut solt haben und
meiner kunst emperen, Ja, ich wolt der wellt gut, viel mal geheufft,
nicht da für nehmen7“.
Seine seltenen Äußerungen über sein sprachliches Können sind
daher von Selbstruhm weit entfernt. Wohl konnte er sich, wenn er
wegen seiner vielen kleinen „Sexternlein“ für die Laien verspottet
wurde, kühl verteidigen: „Ich acht, ßo ich lust het, yhrer kunst nach
4 nachstehen.
5 50; 658, 32.
0 Neque enim tarn stultae humilitatis sum, ut dissimulare velim dona Dei in me
collata. Ex me ipso sane satis superque habeo, quae me humilient et nihil esse
doceant; in Deo certe superbiendum est, in suis donis laetandum, triumphan-
dum, gloriandum est, sicut facio in meo ipsius Germanico Psalterio, nunc etiam
magis in tuo Eobanico. An Hessus 1. Aug. 1537. WA Br. 8; 107, 38ff. Poetae
nolo ullo modo comparari, sicut nec debeo neque possum. Tu enim rex poe-
tarum et poeta regum, seu rectius dicam, regius poeta et poeticus rex es. An
Hessus [20. Aug.] 1530. Br. 5; 549, 6ff.
7 Daß man Kinder solle zur Schule halten (1530) 30 II; 576, llff.
Heinrich Bornkamm
funden und bei aller scharfen Kritik an seinen eigenen Schriften zu-
gleich auch ohne Ziererei gewußt und ausgesprochen, daß er von die-
ser Kunst etwas verstand: „Wie ich mich (in Gott) auch vermessen
und on hohmut und lügen rümen thar, das ich etlichen der Veter
wolt nicht viel zuvor geben4, wenn es solt bücher machens gelten.
Des Lebens kan ich mich weit nicht gleich rhümen5.“ So heißt es in
derselben Vorrede. Es wäre undankbar gegen Gott und eine „dumme
Demut“, solche Gaben abzuleugnen. In Gott darf man sich seiner
Gaben rühmen, so wie er sich etwa nicht nehmen lassen wollte, was
er unter dem Segen des Heiligen Geistes in der Auslegung und Ver-
deutschung seines geliebten Psalters erreicht habe, wobei er es frei-
lich weit von sich wies, als Dichter zu gelten. Er ordnete sich - für
uns heute seltsam - neidlos der lateinischen Psalmenübersetzung des
Eobanus Hessus unter, die ihn entzückt hatte6. Luther bedachte da-
bei sehr wohl, daß Schriftstellerei etwas mit Gelehrsamkeit („Kunst“
im Sprachgebrauch der Zeit) zu tun habe, die man sich ja nicht selbst
geben kann, sondern in der Jugend empfangen muß. Eine seiner
stolzesten Äußerungen steht im Zusammenhang seines eindring-
lichen Aufrufs, den Kindern eine gute Bildung zu geben, und des
Dankes an seinen Vater, der ihn „durch seinen sauren schweis und
erbeit“ auf die Schule und Universität gebracht habe. So sei er „durch
die schreibfedder so fern körnen, das ich itzt nicht wollt mit dem
Turckischen Keiser beuten (tauschen), das ich sein gut solt haben und
meiner kunst emperen, Ja, ich wolt der wellt gut, viel mal geheufft,
nicht da für nehmen7“.
Seine seltenen Äußerungen über sein sprachliches Können sind
daher von Selbstruhm weit entfernt. Wohl konnte er sich, wenn er
wegen seiner vielen kleinen „Sexternlein“ für die Laien verspottet
wurde, kühl verteidigen: „Ich acht, ßo ich lust het, yhrer kunst nach
4 nachstehen.
5 50; 658, 32.
0 Neque enim tarn stultae humilitatis sum, ut dissimulare velim dona Dei in me
collata. Ex me ipso sane satis superque habeo, quae me humilient et nihil esse
doceant; in Deo certe superbiendum est, in suis donis laetandum, triumphan-
dum, gloriandum est, sicut facio in meo ipsius Germanico Psalterio, nunc etiam
magis in tuo Eobanico. An Hessus 1. Aug. 1537. WA Br. 8; 107, 38ff. Poetae
nolo ullo modo comparari, sicut nec debeo neque possum. Tu enim rex poe-
tarum et poeta regum, seu rectius dicam, regius poeta et poeticus rex es. An
Hessus [20. Aug.] 1530. Br. 5; 549, 6ff.
7 Daß man Kinder solle zur Schule halten (1530) 30 II; 576, llff.