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Bornkamm, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1965, 1. Abhandlung): Luther als Schriftsteller: vorgelegt am 6. Juni 1964 — Heidelberg, 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.44206#0024
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Heinrich Bornkamm

Wunsch, daß seine Schriften zurücktreten möchten hinter der nun
für jedermann erschlossenen Heiligen Schrift. Er hatte bei seiner
Bibelübersetzung gehofft, daß „es solt des schreibens weniger und
des studirens und lesens in der Schrift mehr werden19“. Und so hoch
er den Buchdruck als Gabe Gottes zur Verbreitung des Evangeliums
rühmen konnte20, so graute ihm doch manchmal vor dem vielen Bü-
chermachen und -sammeln. Es ist kein Schade, daß viele im Laufe
der Zeit untergegangen sind. „Denn wo sie alle hetten sollen blei-
ben, solte wol niemand weder ein noch ausgehen können für den
Büchern21.“ Und wenn Luther auch die Städte eindringlich dazu auf-
rief, gute Bibliotheken zu schaffen, so sollte man doch nicht wahllos
sammeln, sondern nur das Beste und Nötigste: die Bibel in Urtexten
und Übersetzungen, die ältesten und besten Auslegungen, die Poeten
und Oratores, um die Sprachen daran zu studieren, die Bücher aller
freien Künste, gute Rechts- und Arzneibücher und vor allem „die
Chronicken und Historien, waserley sprachen man haben künde22“.
Hier ist auch der Ort, wo er sogar seinen Büchern, wenn sie schon
gesammelt würden, einen gewissen Nutzen zuzugestehen bereit war.
Sie könnten Dokumente sein, aus denen man etwas über den Her-
gang bei der Erneuerung der Kirche erfahren kann. Man soll sie des-
halb dorthin stellen, wo er selbst die Dekrete und Dekretalen der
Päpste, die Konzilsbeschlüsse und die Werke der Scholastiker stellte:
„ob ich zu zeiten sehen, was sie gemacht, oder auch die geschieht der
zeit rechen wolle, nicht das ich darinne studirn oder so eben darnach
thun müste, was sie gedaucht hat23.“ Geringer konnte er den Wert
seiner Schriften nicht einschätzen. Und doch reihte er sie damit in
were, So möcht ich auch schier sagen: Ich wolt, das ich mit meinen büchern nicht
körnen were, fragt auch nichts darnach, möcht leiden, das sie alle schon weren
untergangen, Und solcher hoher geister (der Antinomer) schrifft feil stünden
jnn allen buchladen, wie sie gern wolten, damit sie der schönen ehre ja sat
würden. 50; 473, 27.
19 50; 57, 19.
20 Tischreden I; 523, I8ff. 2; 649, 24ff. Otto Clemen, Die lutherische Reformation
und der Buchdruck (Schriften d. Ver. f. Reformationsgesch. 167), 1939.
21 50; 657, 15.
22 An die Ratsherren (1524) 15; 49, lOff. 51, 23ff. 52, llff. John W. Montgomery,
Luther and Libraries. The Library Quarterly (32, 1962), 133-147.
23 50; 658, 13ff. (rechen = nachrechnen, überprüfen). Ebenso 38; 134, 5ff. - Luther
hat durch die Hergabe des Materials für die Wittenberger Ausgabe (1539—1558)
die Grundlage künftiger Reformationsforschung gelegt. Paul Kalkoff zeigt es
 
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