Luther als Schriftsteller
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einen Zusammenhang ein, der ihm am Herzen lag, in das Werden
einer zuverlässigen geschichtlichen Überlieferung, deren Fehlen in
Deutschland er bitter beklagte. Während des Augsburger Reichstags
von 1530 begann er sogar, über Melanchthons Unsicherheit und
Nachgiebigkeit besorgt, eine kleine Schriftenreihe, die für die Nach-
kommen „ein register und vorrat zur Historien“ bilden sollte, war-
um er vom Papsttum verdammt und was dessen Lehre gewesen sei24.
Er nahm damit für sich oder seine Zeit keinen besonderen Rang in
Anspruch. Sondern an jedem Zeitraum der Geschichte wird der un-
ablässig wirkende Gott sichtbar. „Weil Gottes werck on unterlas für
sich gehet, wie Christus spricht: ,Mein Vater wircket bis daher, und
ich auch“, So kans nicht feilen, Es mus zu jeder zeit etwas mercklichs
geschehen sein, das man billich mercken solt.“ Darum muß es Büche-
reien, Kanzleien und gegebenenfalls auch Schriftensammlungen ge-
ben. Sie sind das Handwerkszeug für die „Historienschreiber, die
allernützlichsten Leute und besten Lehrer“, deren Amt er so hoch
bewundert: „Es gehört dazu ein trefflicher Man, der ein Lewen hertz
habe, unerschrocken die warheit zu schreiben25.“ Aber mehr als Ma-
terial für diesen Dienst sind ihm seine Werke über den Augenblicks-
zweck hinaus nicht.
Aus diesem Sinn, den Luther seinen Schriften gibt, wird ihre
an Sleidan, dessen Darstellung in den ersten zwei Bänden fast vollständig dar-
auf beruht: „Man ermißt auch an diesem Beispiel, welchen gewaltigen Dienst
Luther der geschichtlichen Forschung durch diese Sammlung seiner Werke ge-
leistet hat, zumal sich diese auch auf anderes wertvolles Material erstrecken
sollte.“ (Die Anfangsperiode der Reformation in Sleidans Kommentaren,
Ztschr. f. d. Gesch. d. Oberrheins 71, 1917, S. 327). In der Tat ließ Luther
unbedenklich auch Schriften von Melanchthon, Jonas u. a. Mitarbeitern auf-
nehmen, so daß mehr eine Quellendokumentation als eine Ausgabe seiner (kei-
neswegs vollständig darin gesammelten) Werke daraus wurde. Das hat neben
anderem zu den heftigen Angriffen der strengen Lutheraner auf sie und zu
dem neuen Versuch der Jenaer Ausgabe (1555-1558, 1564-65) geführt. Gustav
Wolf, Quellenkunde der Deutschen Reformationsgeschichte II, 1 (1916) S. 173ff.
Dazu jetzt: Eike Wolgast, Die Wittenberger Lutherausgabe. Phil. Diss. Göt-
tingen, 1964. Masch. Sehr. - Auch die berühmte Vorrede zum l.Band seiner
lateinischen Werke (1545) macht deutlich, daß Luther mit ihr und der Ausgabe
nicht autobiographische, sondern historische Ziele verfolgte (causas et tempora
rerum gestarum (50; 179, 17).
24 30 II; 367, 24.
25 Aus der für Luthers Geschichtsbild wichtigen Vorrede zu Historia Galeatii
Capellae (1538) 50; 384, 15. 29ff.
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einen Zusammenhang ein, der ihm am Herzen lag, in das Werden
einer zuverlässigen geschichtlichen Überlieferung, deren Fehlen in
Deutschland er bitter beklagte. Während des Augsburger Reichstags
von 1530 begann er sogar, über Melanchthons Unsicherheit und
Nachgiebigkeit besorgt, eine kleine Schriftenreihe, die für die Nach-
kommen „ein register und vorrat zur Historien“ bilden sollte, war-
um er vom Papsttum verdammt und was dessen Lehre gewesen sei24.
Er nahm damit für sich oder seine Zeit keinen besonderen Rang in
Anspruch. Sondern an jedem Zeitraum der Geschichte wird der un-
ablässig wirkende Gott sichtbar. „Weil Gottes werck on unterlas für
sich gehet, wie Christus spricht: ,Mein Vater wircket bis daher, und
ich auch“, So kans nicht feilen, Es mus zu jeder zeit etwas mercklichs
geschehen sein, das man billich mercken solt.“ Darum muß es Büche-
reien, Kanzleien und gegebenenfalls auch Schriftensammlungen ge-
ben. Sie sind das Handwerkszeug für die „Historienschreiber, die
allernützlichsten Leute und besten Lehrer“, deren Amt er so hoch
bewundert: „Es gehört dazu ein trefflicher Man, der ein Lewen hertz
habe, unerschrocken die warheit zu schreiben25.“ Aber mehr als Ma-
terial für diesen Dienst sind ihm seine Werke über den Augenblicks-
zweck hinaus nicht.
Aus diesem Sinn, den Luther seinen Schriften gibt, wird ihre
an Sleidan, dessen Darstellung in den ersten zwei Bänden fast vollständig dar-
auf beruht: „Man ermißt auch an diesem Beispiel, welchen gewaltigen Dienst
Luther der geschichtlichen Forschung durch diese Sammlung seiner Werke ge-
leistet hat, zumal sich diese auch auf anderes wertvolles Material erstrecken
sollte.“ (Die Anfangsperiode der Reformation in Sleidans Kommentaren,
Ztschr. f. d. Gesch. d. Oberrheins 71, 1917, S. 327). In der Tat ließ Luther
unbedenklich auch Schriften von Melanchthon, Jonas u. a. Mitarbeitern auf-
nehmen, so daß mehr eine Quellendokumentation als eine Ausgabe seiner (kei-
neswegs vollständig darin gesammelten) Werke daraus wurde. Das hat neben
anderem zu den heftigen Angriffen der strengen Lutheraner auf sie und zu
dem neuen Versuch der Jenaer Ausgabe (1555-1558, 1564-65) geführt. Gustav
Wolf, Quellenkunde der Deutschen Reformationsgeschichte II, 1 (1916) S. 173ff.
Dazu jetzt: Eike Wolgast, Die Wittenberger Lutherausgabe. Phil. Diss. Göt-
tingen, 1964. Masch. Sehr. - Auch die berühmte Vorrede zum l.Band seiner
lateinischen Werke (1545) macht deutlich, daß Luther mit ihr und der Ausgabe
nicht autobiographische, sondern historische Ziele verfolgte (causas et tempora
rerum gestarum (50; 179, 17).
24 30 II; 367, 24.
25 Aus der für Luthers Geschichtsbild wichtigen Vorrede zu Historia Galeatii
Capellae (1538) 50; 384, 15. 29ff.