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Heinrich Bornkamm
Form verständlich. Sie ist noch kaum je Gegenstand der Untersuchung
gewesen, während es über Luthers Bedeutung für die deutsche
Sprachgeschichte, seine Bibelübersetzung und seine Lieder eine um-
fangreiche Forschung gibt. Abgesehen von diesen beiden Zeugnissen
seiner Sprachkunst steht das schriftstellerische Werk Luthers nur
ganz am Rande der literaturgeschichtlichen Betrachtung26.
Gegenüber dem Thema der Form müssen in dieser knappen
Skizze die Stilmittel im engeren Sinne beiseite bleiben. Auch hier ist
freilich noch ein weites, durchaus nicht abgeerntetes Feld: der Rhyth-
mus und die Klangfarbe seiner Sprache (z. B. das noch nicht unter-
suchte Spiel der Vokale), Assonanz und Alliteration, Auflösung der
Abstracta in ihre gegenständlichen Inhalte, die unglaubliche Leich-
tigkeit, mit der ihm aus einem Begriff gedankliche und sprachliche
Assoziationen hervorsprühen27. Auch der überwältigende Reichtum
seiner Bilder bedeutet weit mehr als ein Stilelement oder gar einen
bloßen Schmuck der Rede. Es gehört zur Genialität Luthers, daß er
26 So auch in den dankenswerten neuesten Arbeiten von Heinz Otto Burger,
Luther als Ereignis der deutschen Literaturgeschichte. Lutherjahrbuch 24 (1957),
86-101 und Otto Mann, Luthers Anteil an der neuhochdeutschen Schriftsprache
und Literatur (Luther. Ztschr. d. Luther-Gesellschaft 34. 1963, 8-19). Schöne
Bemerkungen bei Theodosius Harnack, Luthers Theologie I (1862, Neudruck
1917), 4ff. (ein Stüde daraus in meinem Buche: Luther im Spiegel der deutschen
Geistesgeschichte, 1955, 195ff.). Arnold E. Berger, Die Sturmtruppen der Re-
formation (Deutsche Lit., Reformation II, 1931), 31 f. Wichtig sind einige Beob-
achtungen bei Günther Müller, Deutsche Dichtung von der Renaissance bis
zum Ausgang des Barock (Handb. d. Lit.wiss. 8, 1927, s. u. Anm. 47), Werner
Kohlschmidt (s. u. S. 29 Anm. 70) und vor allem die Ausführungen von Paul
Böckmann, Formgeschichte der deutschen Dichtung I (1949), S. 252ff. (s. u.
S. 32). Ein paar Notizen habe ich in dem Aufsatz: Probleme der Lutherbiogra-
phie, in: Lutherforschung heute (1958), 22f. gegeben.
27 Viel Rohmaterial und Hinweise auf ältere Literatur in dem Anm. 12 genann-
ten Buche von H. Preuss (dazu freilich die berechtigte Kritik von Theodor
Kochs, Anz. f. deutsches Altertum und deutsche Lit. 52, 1933, 65ff.). Werner
Kohlschmidt, Luther und unsere Sprache. Ztschr. für Deutschkunde 49 (1935),
165-177. Walter Ettinghausen, Luther: Exegesis and Prose Style. German
Studies presented to H. G. Fiedler, Oxford (1937), 174-186 (wertvolle, leider
schwer zugängliche Arbeit, vgl. dazu auch u. Anm. 57). Ruth Wellmer, Sprache
und Stil in Luthers reformatorischen Schriften. Diss. Fr. Univ. Berlin (1954,
Masch.-Schr.). Die in der Polemik gegen ältere, von den ernsthaften Forschern
längst aufgegebene Thesen befangene Darstellung der Sprache Luthers von
Arno Schirokauer, Deutsche Philologie im Aufriß I2 (1957), 898-910 geht,
obwohl sie seinen Stil ausdrüddich einbezieht, an allen wesentlichen literari-
schen Fragen vorbei.
Heinrich Bornkamm
Form verständlich. Sie ist noch kaum je Gegenstand der Untersuchung
gewesen, während es über Luthers Bedeutung für die deutsche
Sprachgeschichte, seine Bibelübersetzung und seine Lieder eine um-
fangreiche Forschung gibt. Abgesehen von diesen beiden Zeugnissen
seiner Sprachkunst steht das schriftstellerische Werk Luthers nur
ganz am Rande der literaturgeschichtlichen Betrachtung26.
Gegenüber dem Thema der Form müssen in dieser knappen
Skizze die Stilmittel im engeren Sinne beiseite bleiben. Auch hier ist
freilich noch ein weites, durchaus nicht abgeerntetes Feld: der Rhyth-
mus und die Klangfarbe seiner Sprache (z. B. das noch nicht unter-
suchte Spiel der Vokale), Assonanz und Alliteration, Auflösung der
Abstracta in ihre gegenständlichen Inhalte, die unglaubliche Leich-
tigkeit, mit der ihm aus einem Begriff gedankliche und sprachliche
Assoziationen hervorsprühen27. Auch der überwältigende Reichtum
seiner Bilder bedeutet weit mehr als ein Stilelement oder gar einen
bloßen Schmuck der Rede. Es gehört zur Genialität Luthers, daß er
26 So auch in den dankenswerten neuesten Arbeiten von Heinz Otto Burger,
Luther als Ereignis der deutschen Literaturgeschichte. Lutherjahrbuch 24 (1957),
86-101 und Otto Mann, Luthers Anteil an der neuhochdeutschen Schriftsprache
und Literatur (Luther. Ztschr. d. Luther-Gesellschaft 34. 1963, 8-19). Schöne
Bemerkungen bei Theodosius Harnack, Luthers Theologie I (1862, Neudruck
1917), 4ff. (ein Stüde daraus in meinem Buche: Luther im Spiegel der deutschen
Geistesgeschichte, 1955, 195ff.). Arnold E. Berger, Die Sturmtruppen der Re-
formation (Deutsche Lit., Reformation II, 1931), 31 f. Wichtig sind einige Beob-
achtungen bei Günther Müller, Deutsche Dichtung von der Renaissance bis
zum Ausgang des Barock (Handb. d. Lit.wiss. 8, 1927, s. u. Anm. 47), Werner
Kohlschmidt (s. u. S. 29 Anm. 70) und vor allem die Ausführungen von Paul
Böckmann, Formgeschichte der deutschen Dichtung I (1949), S. 252ff. (s. u.
S. 32). Ein paar Notizen habe ich in dem Aufsatz: Probleme der Lutherbiogra-
phie, in: Lutherforschung heute (1958), 22f. gegeben.
27 Viel Rohmaterial und Hinweise auf ältere Literatur in dem Anm. 12 genann-
ten Buche von H. Preuss (dazu freilich die berechtigte Kritik von Theodor
Kochs, Anz. f. deutsches Altertum und deutsche Lit. 52, 1933, 65ff.). Werner
Kohlschmidt, Luther und unsere Sprache. Ztschr. für Deutschkunde 49 (1935),
165-177. Walter Ettinghausen, Luther: Exegesis and Prose Style. German
Studies presented to H. G. Fiedler, Oxford (1937), 174-186 (wertvolle, leider
schwer zugängliche Arbeit, vgl. dazu auch u. Anm. 57). Ruth Wellmer, Sprache
und Stil in Luthers reformatorischen Schriften. Diss. Fr. Univ. Berlin (1954,
Masch.-Schr.). Die in der Polemik gegen ältere, von den ernsthaften Forschern
längst aufgegebene Thesen befangene Darstellung der Sprache Luthers von
Arno Schirokauer, Deutsche Philologie im Aufriß I2 (1957), 898-910 geht,
obwohl sie seinen Stil ausdrüddich einbezieht, an allen wesentlichen literari-
schen Fragen vorbei.