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Hampe, Roland; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1967, 1. Abhandlung): Kult der Winde in Athen und Kreta — Heidelberg, 1967

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https://doi.org/10.11588/diglit.44211#0023
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Kult der Winde in Athen und Kreta

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Auch verehrte man nicht nur in Athen den Boreas, sondern etwa
auch auf Thera, wie eine archaische Felsinschrift dort zeigt, auf der
,Boreaios‘ neben anderen Götternamen im Nominativ genannt ist20.
Und als auf der Insel Keos einmal die Etesien, die sommerlichen
Nordwinde (die heutigen μελτέμια) ausblieben und die Feldfrucht, die
an die Kühlung durch die Winde gewöhnt war, durch die Sonnenglut
verdorrte, rief Aristaios durch ein Opfer an Zeus Ikmaios, den Re-
genbringer, die Winde wieder herbei21. Eine späte Herme aus dem
antiken Byzanz ist neben anderen Personifikationen der Jahreszeiten
und des Wetters auch den Regenwinden (δμβροις άνέμοις) gewid-
met22. Im kaiserzeitlichen Athen wurde den Winden auf Grund eines
Seherspruches ein Altar geweiht mit der Aufschrift ,,’Ανέμων κατά
μαντείαν“; vielleicht erfolgte dies auf Grund des gleichen Orakels,
das die bekannte Felsinschrift auf der Akropolis, dicht beim Parthe-
non für die „fruchtbringende Erde“ (Γης καρποφόρου κατά μαντείαν)23
veranlaßte. Man wird an Dürre und herbeigeflehte Regenwinde
denken dürfen. Im arkadischen Trapezuntia opferte man den Blitzen,
Sturmwinden und Donnern, gewiß um diese Gewalten abzuwen-
den24. Am Taygetos brachte man Pferdeopfer für Winde dar25, in
Tarent Eselsopfer, άνεμώτας genannt (Hesych. s.v.); ausMethana sind
Hahnopfer zum Schutze der Weinberge vor dem verderblichen Süd-
wind Lips überliefert (Paus. 2, 34, 2). In Pergamon wurde ein den
Winden geweihter Altar gefunden26.
Die örtlich und zeitlich weite Streuung der Windkulte zeigt, daß
sie seit alters und durch lange Zeitläufte im gesamten griechischen
Raum verbreitet waren. Ihre Kulte können nicht erst zur Zeit der
Perserkriege eingeführt worden sein, weil man auch vor dieser Zeit
ihre Hilfe brauchte, weil man sich ihre Gunst nicht verscherzen, ihren
Zorn nicht auf sich ziehen durfte. Denn sie waren nicht nur für die
Schiffahrt notwendig, es galt nicht nur, die Gegenwinde zu bändigen,
20 Hiller v. Gaertringen, Thera I (1899) 150 mit Lit.
21 Clem. Alex., Stromata 6,3,29 (ed. Klotz 1832); weitere Überlieferungen bei
Fiedler 6. - Zu Zeus und den Winden vgl. Cook, Zeus III 103ff. 140ff.
22 L. Robert, Hellenica 9 (1950) 56ff. mit Taf. 4, 1.
23 IG. II2 3266. P. Graindor, BCH. 38 (1914) 401ff. Nr. 18; ders., Athenes sous
Hadrien (1934) 139. - IG. II2 4758. - Vgl. Robert a. O. 60.
24 Paus., 8, 29, 2. Die Begründung, „weil hier der Kampf der Götter und Titanen
stattgefunden habe“, klingt nach jüngerer Ausdeutung eines älteren, nicht mehr
ganz verstandenen Brauches.
25 Festus s. v. october equus p. 181 (ed. Müller).
28 H. Hebding, AM. 35 (1910) 457 mit Abb. 4; O. Kern, Hermes 46 (1911) 434.
 
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