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Hampe, Roland; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1967, 1. Abhandlung): Kult der Winde in Athen und Kreta — Heidelberg, 1967

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https://doi.org/10.11588/diglit.44211#0031
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Kult der Winde in Athen und Kreta

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Tyrannenmördergruppen gefunden zu haben55, unmittelbar neben
der Panathenäenstraße (hier Taf. I Nr. 8; Taf. IV 1). Wer auf die-
ser Straße ging, konnte diese Stätte nicht übersehen; sie lag zwar
nach dem Ausgrabungsbefund im frühen 5. Jh. schon etwa 55 cm
tiefer als das damalige Niveau. Gerade das gibt zu denken; denn in
diesem Zeitraum wurde der Bothros erst angelegt. Die Scherbe vom
Krater des Eucharides-Malers gibt den terminus post. Der Bothros
gelangte also nicht allmählich unter die Bodenoberfläche, sondern
lag von Anfang an tief. Wer vermag zu sagen, ob mit dieser eigen-
tümlichen Anlage nicht auch ein Altar aus vergänglichem Material
(etwa aus Erde oder Lehmziegeln) verbunden war? Vielleicht er-
klärt sich aus der tiefen Lage die auffallende Formulierung επί του
δαπέδου, die der sonst geläufigen Redewendung επί τής γης ,auf dem
Erdboden1 entspricht56.
Daß die Deckplatte des Bothros so frisch und unabgenützt ist (hier
Taf. III 1), veranlaßte Thompson zu der Vermutung, sie sei schon
bald mit schützender Erde bedeckt worden. Aber ist nicht auch eine
andere Erklärung denkbar? Windmäler sind auch bei anderen Völ-
kern tabu. Aus dem griechischen Bereich wissen wir von einem Stein
in Kyrene, dessen Berührung verboten war, weil dadurch ein Sand-
sturm ausgelöst wurde57. Auch die Gefährten des Odysseus brechen
ein Tabu, wenn sie trotz ausdrücklichen Verbotes die Säcke öffnen.
Ferner war in Athen der Bezirk der Tritopatores, die in den antiken
Quellen zum Teil als Winde oder doch als Wächter der Winde er-
klärt werden, mit Grenzsteinen versehen, welche — wie andere mit
Scheu verehrte Heiligtümer — die Aufschrift HABATON ,Nicht zu
betreten1 trugen58. Darum fragen wir: Ist die Oberfläche des Deckels
unserer Kultstätte etwa darum so gut erhalten, weil man sie als ein
Abaton aus Scheu nicht zu betreten wagte?
Wir können nur fragen und vermuten; aber wir meinen, daß diese
55 Agora, Guide 1962, 69f., Plan Nr. 27.
56 Herrmann a. 0. 65 übersetzt έπ'ι τής γης βόθρος des Schol. zu Eur., Phoen. 247
mit: „über dem Boden aufgebaute Grube“. Aber hier steht επί mit Genetiv, und
έπ'ι τής γής bedeutet ,auf dem Boden1, nicht ,über dem Boden1 und jedenfalls
nicht „aufgebaut“.
57 Studniczka in IG. Ins. III corr. S. 230 zu Nr. 451; vgl. Thera I (1899) 97.
58 Πρακτ. 1910, lOlff. mit Abb. 1 (Brueckner). Cook, Zeus III 112ff. Auf das Pro-
blem der Tritopatores soll hier nicht eingegangen werden; vgl. B. Hemberg,
Eranos 52 (1954) 174f. mit Lit. W. Judeich, Topographie von Athen2 (1931)
410f.; AA. 1965 Sp. 279 Abb. 1 Nr. 13. Abb. 29. 30. 31., Sp. 327f. (Ohly); Η. A.
Thompson, Hesperia 35 (1966) 46 mit Anm. 19.
 
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