Euros und Notos bei Homer
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scher Darstellungsweise ist, bis in die Einzelheiten auszumalen, wird
hier nicht ausgemalt, ja nicht einmal geschildert. Es wird nur ange-
deutet. So wie man eine Kugel durch einen Stoß ins Rollen bringt,
wird hier nur der Anstoß gegeben, der Erinnerung und Einbildungs-
kraft in Bewegung setzt.“
Hermann Fränkel, der seinerzeit das Buch „Die homerischen
Gleichnisse“ verfaßt hat, übte Kritik an meinen Ausführungen (Gno-
mon 28, 1956, 569): „Auf S. 7-10 macht der Verf. ein eigenes Erleb-
nis im Ikarischen Meer für das Verständnis eines homerischen Gleich-
nisses (II. 2, 144-46) nutzbar. Aber wenn er glaubt, das Gleichnis
deute mit den zwei Windnamen darauf hin, daß die Volksstim-
mung zunächst zwiespältig gewesen sei, so steht dem die gramma-
tische Struktur des Textes entgegen: der Ausdruck εύρος τε νότος τε
ist in den beiden Verben als ein Singular behandelt, so daß ein Süd-
ostwind1 gemeint sein muß, parallel dem einen Wind im folgenden
Gleichnis.“ - Ähnliches scheint auch J. Μ. Cook (JHS. 74, 1954, 243)
im Sinne zu haben, wenn er sich auch nicht so genau ausdrückt.
Man nimmt also an, die grammatische Struktur des Textes stünde
meiner Interpretation im Wege, weil hier auf das Subjekt Εύρος τε
Νότος τε das Prädikat ώρορ’ έπαΐξας folgt, also der Singular. Aber
gerade die Grammatiker kennen die „disjunktive Konstruktion“, die
im Griechischen, zumal in den homerischen Gedichten, nicht selten ist.
„Sie liegt tief begründet in dem Wesen des lebhaft empfindenden
und denkenden Griechen, dessen freier Geist weniger die tote Form
des Wortes als den lebendigen Inhalt der Form anschaute und er-
faßte.“ So hießt es in der „Ausführlichen Grammatik der griechischen
Sprache, Satzlehre, Erster Teil“ (4. Aufl. 1955) von Kühner-Gerth
S. 52f. Ebendort sind S. 79 einschlägige Beispiele gesammelt. Wir
wählen hier nur einige aus. Ilias XVII 398f. ουδέ κ’ ’Άρης λαοσσόος
ουδέ κ’ Άθήνη τόν γε ιδουσ’ όνόσαιτ’. Auf Ares und Athena folgt das
Prädikat im Singular, wobei das Partizip im Femininum sich auf das
nächstliegende Subjekt, Athena, bezieht. Man vergleiche auch Ilias
XVIII 398 ε’ι μή μ’ Εύρυνόμη τε Θέτις θ’ύπεδέξατο κόλπο), oder mit vor-
angestelltem Prädikat: Ilias XVI 844f. ooi γάρ έδωκεν νίκην Ζευς Κρο-
νίδης καί Απόλλων.
So ist auch unsere Stelle von Euros und Notos Ilias II 145f. auf-
zufassen, obwohl sie in modernen Kommentaren oft als ein einziger
Wind, nämlich als Südostwind, erklärt wurde. Dabei haben wir Eu-
ros und Notos und die anderen Windnamen im griechischen Text im
Gegensatz zu den Ausgaben groß geschrieben; denn das hat die vor-
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scher Darstellungsweise ist, bis in die Einzelheiten auszumalen, wird
hier nicht ausgemalt, ja nicht einmal geschildert. Es wird nur ange-
deutet. So wie man eine Kugel durch einen Stoß ins Rollen bringt,
wird hier nur der Anstoß gegeben, der Erinnerung und Einbildungs-
kraft in Bewegung setzt.“
Hermann Fränkel, der seinerzeit das Buch „Die homerischen
Gleichnisse“ verfaßt hat, übte Kritik an meinen Ausführungen (Gno-
mon 28, 1956, 569): „Auf S. 7-10 macht der Verf. ein eigenes Erleb-
nis im Ikarischen Meer für das Verständnis eines homerischen Gleich-
nisses (II. 2, 144-46) nutzbar. Aber wenn er glaubt, das Gleichnis
deute mit den zwei Windnamen darauf hin, daß die Volksstim-
mung zunächst zwiespältig gewesen sei, so steht dem die gramma-
tische Struktur des Textes entgegen: der Ausdruck εύρος τε νότος τε
ist in den beiden Verben als ein Singular behandelt, so daß ein Süd-
ostwind1 gemeint sein muß, parallel dem einen Wind im folgenden
Gleichnis.“ - Ähnliches scheint auch J. Μ. Cook (JHS. 74, 1954, 243)
im Sinne zu haben, wenn er sich auch nicht so genau ausdrückt.
Man nimmt also an, die grammatische Struktur des Textes stünde
meiner Interpretation im Wege, weil hier auf das Subjekt Εύρος τε
Νότος τε das Prädikat ώρορ’ έπαΐξας folgt, also der Singular. Aber
gerade die Grammatiker kennen die „disjunktive Konstruktion“, die
im Griechischen, zumal in den homerischen Gedichten, nicht selten ist.
„Sie liegt tief begründet in dem Wesen des lebhaft empfindenden
und denkenden Griechen, dessen freier Geist weniger die tote Form
des Wortes als den lebendigen Inhalt der Form anschaute und er-
faßte.“ So hießt es in der „Ausführlichen Grammatik der griechischen
Sprache, Satzlehre, Erster Teil“ (4. Aufl. 1955) von Kühner-Gerth
S. 52f. Ebendort sind S. 79 einschlägige Beispiele gesammelt. Wir
wählen hier nur einige aus. Ilias XVII 398f. ουδέ κ’ ’Άρης λαοσσόος
ουδέ κ’ Άθήνη τόν γε ιδουσ’ όνόσαιτ’. Auf Ares und Athena folgt das
Prädikat im Singular, wobei das Partizip im Femininum sich auf das
nächstliegende Subjekt, Athena, bezieht. Man vergleiche auch Ilias
XVIII 398 ε’ι μή μ’ Εύρυνόμη τε Θέτις θ’ύπεδέξατο κόλπο), oder mit vor-
angestelltem Prädikat: Ilias XVI 844f. ooi γάρ έδωκεν νίκην Ζευς Κρο-
νίδης καί Απόλλων.
So ist auch unsere Stelle von Euros und Notos Ilias II 145f. auf-
zufassen, obwohl sie in modernen Kommentaren oft als ein einziger
Wind, nämlich als Südostwind, erklärt wurde. Dabei haben wir Eu-
ros und Notos und die anderen Windnamen im griechischen Text im
Gegensatz zu den Ausgaben groß geschrieben; denn das hat die vor-