Conseil des barons» und «jugement des barons:
17
Verlust seiner maisnee in Roncevaux lassen daran keinen Zweifel34.
Der Untergang Rolands, der Pairs und der maisnee stellt den Be-
stand seines Reichs in Frage. Die unterworfenen Völker werden, so
fürchtet er, sich nun wieder empören35. Der cunseill im engeren
Sinne, den Karl zusammen mit mehr als tausend francs de France
einberuft, besteht nach schon alter Tradition aus zwölf Personen. Es
ist sicher kein Zufall, daß in diesem politisch wichtigen Kollegium
in unserem Epos neben acht Großvasallen des Reichs vier von den
zwölf Pairs vertreten sind. Der Kaiser verfügt also in diesem ober-
sten Gremium über vier von vorneherein absolut sichere Stimmen35*.
Nach diesem Exkurs wird verständlich, weshalb der Kaiser die
zwölf Pairs vor der Gesandtschaft nach Saragossa bewahren will:
ihr Leben ist für ihn zu wichtig. Überdies scheinen sie alle sich aus
den fränkischen Getreuen, ins 11. Jahrhundert übertragen: aus Va-
sallen der französischen Königsdomäne zu rekrutieren. Darauf deu-
ten die Worte des Erzbischofs Turpin hin - Laissez ester voz Francs!
(v. 265)36 —, der sich nun als Gesandter anbietet und gleichfalls von
34 Karl über Ganelon: De ma maisnee ad faite traisun (v. 1820), Si grant doel ai
que ne voldreie vivre, De ma maisnee ki por mei est ocise (v. 2937f.). Vgl. die
Antizipation v. 1405f.: Malvais servise le jur li rendit Guenes, Qu en Sarraguce
sa maisnee alat vendre, und Naimes’ Aufforderung: Si sucurez vostre maisnee
gente! (v. 1794).
35 v. 2921ff.
35a Laisse 12 (vv. 168—179). Namentlich aufgezählt werden: Oger (Herzog von
Dänemark), der Erzbischof Turpin, Richard li velz (Herzog der Normandie)
und sein Neffe Henri, Graf Acelin von der Gascogne, Tedbald von Reims und
sein Vetter Milun, Gerer und Gerin, Roland und Olivier, und Ganelon. Ro-
land, Olivier, Gerer und Gerin gehören zu den zwölf Pairs. Daß sich die Zahl
der hier zu Beginn der Ratsszene genannten Barone auf Zwölf beläuft ist si-
cherlich ebensowenig ein Zufall wie der Umstand, daß im Gegensatz zu den
Großvasallen bei den Pairs niemals eine Provinz oder eine Stadt, d. h. ein Le-
hen, als Ergänzung des Namens erscheint. Man hat sich die letzteren allen-
falls als Inhaber von sog. Kammerlehen («fiefs de bourse») vorzustellen. Daß
Herzog Naimes in Laisse 12 nicht mitaufgezählt wird, ist merkwürdig, mag
sich jedoch daraus erklären, daß die Legendentradition ihn bereits als persön-
lichen Ratgeber Karls kannte und ihm somit eine Sonderstellung beigemessen
wurde. Zur Zwölfzahl vgl. oben Anm. 32 und speziell die dort genannte Ar-
beit von E. Mayer, Die Pairs am französischen Königsgericht, S. 441f.
36 Sie lassen sich freilich auch anders verstehen, vgl. R. Lejeune, La signification
du nom «marche» dans la Chanson de Roland, Actas do IX Congresso Inter-
nacional de Linguistica Romänica, Lisboa 1961, S. 270, Anm. 23: «On remar-
que que Turpin etablit une distinction entre les Francs et lui-meme. Non pas,
sans doute, qu’il n’appartienne ä la Francia de Charles, mais parce qu’il oppose
2 Köhler, Conseil des barons
17
Verlust seiner maisnee in Roncevaux lassen daran keinen Zweifel34.
Der Untergang Rolands, der Pairs und der maisnee stellt den Be-
stand seines Reichs in Frage. Die unterworfenen Völker werden, so
fürchtet er, sich nun wieder empören35. Der cunseill im engeren
Sinne, den Karl zusammen mit mehr als tausend francs de France
einberuft, besteht nach schon alter Tradition aus zwölf Personen. Es
ist sicher kein Zufall, daß in diesem politisch wichtigen Kollegium
in unserem Epos neben acht Großvasallen des Reichs vier von den
zwölf Pairs vertreten sind. Der Kaiser verfügt also in diesem ober-
sten Gremium über vier von vorneherein absolut sichere Stimmen35*.
Nach diesem Exkurs wird verständlich, weshalb der Kaiser die
zwölf Pairs vor der Gesandtschaft nach Saragossa bewahren will:
ihr Leben ist für ihn zu wichtig. Überdies scheinen sie alle sich aus
den fränkischen Getreuen, ins 11. Jahrhundert übertragen: aus Va-
sallen der französischen Königsdomäne zu rekrutieren. Darauf deu-
ten die Worte des Erzbischofs Turpin hin - Laissez ester voz Francs!
(v. 265)36 —, der sich nun als Gesandter anbietet und gleichfalls von
34 Karl über Ganelon: De ma maisnee ad faite traisun (v. 1820), Si grant doel ai
que ne voldreie vivre, De ma maisnee ki por mei est ocise (v. 2937f.). Vgl. die
Antizipation v. 1405f.: Malvais servise le jur li rendit Guenes, Qu en Sarraguce
sa maisnee alat vendre, und Naimes’ Aufforderung: Si sucurez vostre maisnee
gente! (v. 1794).
35 v. 2921ff.
35a Laisse 12 (vv. 168—179). Namentlich aufgezählt werden: Oger (Herzog von
Dänemark), der Erzbischof Turpin, Richard li velz (Herzog der Normandie)
und sein Neffe Henri, Graf Acelin von der Gascogne, Tedbald von Reims und
sein Vetter Milun, Gerer und Gerin, Roland und Olivier, und Ganelon. Ro-
land, Olivier, Gerer und Gerin gehören zu den zwölf Pairs. Daß sich die Zahl
der hier zu Beginn der Ratsszene genannten Barone auf Zwölf beläuft ist si-
cherlich ebensowenig ein Zufall wie der Umstand, daß im Gegensatz zu den
Großvasallen bei den Pairs niemals eine Provinz oder eine Stadt, d. h. ein Le-
hen, als Ergänzung des Namens erscheint. Man hat sich die letzteren allen-
falls als Inhaber von sog. Kammerlehen («fiefs de bourse») vorzustellen. Daß
Herzog Naimes in Laisse 12 nicht mitaufgezählt wird, ist merkwürdig, mag
sich jedoch daraus erklären, daß die Legendentradition ihn bereits als persön-
lichen Ratgeber Karls kannte und ihm somit eine Sonderstellung beigemessen
wurde. Zur Zwölfzahl vgl. oben Anm. 32 und speziell die dort genannte Ar-
beit von E. Mayer, Die Pairs am französischen Königsgericht, S. 441f.
36 Sie lassen sich freilich auch anders verstehen, vgl. R. Lejeune, La signification
du nom «marche» dans la Chanson de Roland, Actas do IX Congresso Inter-
nacional de Linguistica Romänica, Lisboa 1961, S. 270, Anm. 23: «On remar-
que que Turpin etablit une distinction entre les Francs et lui-meme. Non pas,
sans doute, qu’il n’appartienne ä la Francia de Charles, mais parce qu’il oppose
2 Köhler, Conseil des barons