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Flashar, Hellmut; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1969, 1. Abhandlung): Der Epitaphios des Perikles: seine Funktion im Geschichtswerk d. Thukydides — Heidelberg, 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.44304#0020
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Hellmut Flashar

der Versuch nicht aussichtslos sein, ein näheres Eingehen auf die
Einzelheiten mit der Prüfung der bisher vorgebrachten Erklärungen
zu verbinden.

2.
In dem einleitenden Kapitel (II 34) fällt die Sorgfalt auf, mit
der die Situation exponiert ist. Ausführlich und detailliert wird das
Ritual der Aufbahrung und Bestattung mitgeteilt, und wir erfahren,
daß auch der Brauch, bei dieser Gelegenheit einen X6yo<g EJiirdcpiog
zu halten, schon seit längerer Zeit besteht11 und während des ganzen
Krieges (ötd Jtavrög roü aoXepov) beibehalten wurde, sooft der Anlaß
dazu gegeben war. Schließlich wird mit fast umständlicher Genauig-
keit geschildert, daß für die Rede auf die Gefallenen des ersten
Kriegsjahres Perikies gewählt wurde, der dann im rechten Augen-
blick auf einem hohen Tritt mit weithin vernehmbarer Stimme das
Wort ergriff.
Danach ist wohl kein Zweifel daran möglich, daß Perikies über-
haupt die Rede im Winter 431/0 gehalten hat12, aber durch die deut-
liche Erwähnung des ganzen Krieges13 ist ein äußeres und daher
gehend überein. K. v. Fritz geht in dem gewichtigen und umfangreichen Werk
Die griechische Geschichtsschreibung I Berlin 1967 auf den Epitaphios nur in
einer kurzen Paraphrase (671-3) ein und nimmt an, daß der Inhalt der Rede im
wesentlichen mit der von Perikies wirklich gehaltenen Rede auf die Gefallenen
des ersten Kriegsjahres übereinstimmt (621). Zu weiterer Interpretation des
Epitaphios fordert auf H. Strasburger in: Thuk., Wege d. Forschg. 516.
11 Über die schwierigen Einzelheiten bezüglich des Bestattungsrituals und des Zeit-
punktes der Einführung des Epitaphios braucht hier nicht gehandelt zu werden.
Vgl. dazu F. Jacoby, Patrios Nomos, State Burial in Athens and the public
Cemetera in the Kerameikos, Journ. of. Hell. Stud. 64, 1944, 37ff. (= Abh. z.
griech. Geschichtsschr., Leiden 1956, 260ff.) und die kritischen Bemerkungen
dazu von A. W. Gomme, A historical Commentary on Thukydides, Oxford II
1956, 94ff.
12 Jacoby, a. 0. 299 dagegen bemerkt: „I am even doubtful . . . whether it was
really Perikies who made the speech in 431 BC . . . from the speech of 431 not
one sentence and not one idea is preserved.“
13 Daß mit öta jravrbg roü rroXepou der 27jährige Krieg, nicht der 10jährige
archidamische Krieg gemeint ist, darf nach den Untersuchungen von H. Patzer,
Das Problem der Geschichtsschreibung des Thukydides und die thukydideische
Frage, Berlin 1937, bes. 21ff. als sicher gelten. Die Überlegung von Classen-
Steup zur Stelle, daß während der Belagerung Athens im Winter 405/4 eine
Leichenfeier vielleicht nicht möglich war, erzwingt nicht eine andere Deutung
der Stelle.
 
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