Metadaten

Pöschl, Viktor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1973, 4. Abhandlung): Die neuen Menanderpapyri und die Originalität des Plautus: vorgetragen am 9. Dez. 1972 — Heidelberg, 1973

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44332#0014
License: In Copyright
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
12

Viktor Pöschl

schauer wird hier schon Schlimmes ahnen. Die helle Freude und der
hochgestimmte Preis der Freundestreue können ja nur die Vorbe-
reitung für eine böse Enttäuschung sein, die denn auch sogleich ein-
tritt. Lydus hat eilends den Vater des Pistoclerus, Philoxenus, herbei-
geholt und ihm die schreckliche Botschaft von dem sittlichen Verfall
seines Sohnes hinterbracht. Philoxenus nimmt die Sache keineswegs
tragisch, denn er gehört zu der anderen Kategorie der Komödienväter,
zu den milden, freundlichen, wie der Micio der <Brüder> und der
Chairestratos des <Schildes>. Mnesilochus muß das alles als Lauscher
mitanhören. Er mischt sich alsbald ins Gespräch, indem er dem Lydus
begreiflich zu machen sucht, daß sein Freund das berüchtigte Haus ja
nur deshalb betreten habe, um dort in seinem Auftrag dem Mädchen
die Nachricht von seiner Ankunft zu überbringen, worauf Lydus
höhnisch antwortet: «Ach so muß man den Auftrag ausführen, daß
man das Mädchen auf dem Schoß hält . . ., daß man die Hände an
ihre Brüste hält und die Lippen von ihren Lippen niemals wegnimmt,
denn das andere zu erwähnen, das ich gesehen habe, schäme ich
mich . . .» Mit jagohafter Bosheit und der genüßlichen Lust des
Voyeurs treibt er so den armen Mnesilochus zur Verzweiflung, der
schließlich in den Ruf ausbricht: «Mein Freund, du hast mich ins Ver-
derben gestürzt!»:
perdidisti nie, sodalis.
David Weissert hat in einer Tübinger Dissertation10 mit Hilfe
statistischer Untersuchungen nachgewiesen, daß Körper und Körper-
teile bei Plautus viel öfter verwendet werden, als in der Neueren Ko-
mödie, aber auch - und das ist überraschend - als bei Aristophanes.
So ist es mehr als wahrscheinlich, daß die Jagorede des Lydus von
Plautus frei ausgestaltet wurde. An dieser Stelle setzt nun der neue
Papyrus ein.
Über die Änderung der Namen haben Handley und Gaiser alles
Nötige gesagt. Dabei wurde Fraenkels Vermutung glänzend be-
stätigt, daß der Sklave Chrysalus bei Menander anders geheißen hat.
Er hieß Syros. Nachzutragen wäre höchstens, daß Plautus den Namen
des Erziehers Lydus deshalb beibehalten hat, um Wortspiele mit ludus
(= Schule) anzubringen.
10 David Weissert, Untersuchungen zur Erwähnung von Körperteilen, insbesondere
zum leib-seelischen Parallelismus in der antiken Komödiensprache. Ein Beitrag
zur Originalität des Plautus. Masch. Diss. Tübingen 1959.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften