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Gärtner, Hans Armin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1974, 5. Abhandlung): Cicero und Panaitios: Beobachtungen zu Ciceros "De officiis" ; vorgel. am 12. Jan. 1974 v. Viktor Pöschl — Heidelberg: Winter, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.45448#0016
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Hans Armin Gärtner

das spricht besonders für seine Auffassung von § 9 als redaktioneller
Gliederung - die Ausführung der dritten Fragestellung (III,7)·
Es ist nun aber nicht wahrscheinlich, daß Panaitios die Aufzählung
der Fragestellung als redaktionell verstanden hat. Von seiner Auf-
fassung geben noch die betreffenden Aussagen Ciceros Zeugnis:
Allerdings beginnt die Stelle bei Cicero (1,9) wie eine dogmatische
Entwicklung:
«Dreifach ist die Überlegung, mit der man eine Entscheidung fällt».
Dann geht es aber mit der 3. Pers. Plur. weiter:
<dubitant, distrahuntur, anquirunt, consultant, deliberant>. Man
könnte sagen, statt der erwarteten dogmatischen Darlegung folge
eine empirische Bestandsaufnahme davon, welche Art von Über-
legungen «man» anstellt. Doch wird dem vielleicht entgegengehalten,
daß den beiden Formulierungen: <nam . . . dubitant> und <tum autem
anquirunt aut consultant> als dritte entspricht: <tertium dubitandi
genus est . ..>. Durch diese letzte Formulierung erhält das Ganze
doch wieder den Anschein einer dogmatischen Darlegung, und die
Formen in der 3. Pers. Plur. könnte man nur als stilistische Varianten
empfinden.
Hier kann man über die ursprüngliche Formulierung bei Panaitios
noch unsicher sein; anders jedoch steht es mit der entsprechenden
Stelle im Buch III (§ 7). Dort wird durch die Formulierung: <in
quibus deliberare homines et consultare de officio solerent> deutlich,
daß Panaitios die Aufzählung der drei Fragestellungen als eine
empirische Bestandsaufnahme dessen brachte, worüber die Menschen
gewöhnlich Überlegungen anstellen6. Hinzu kommt noch 111,18, wo
Cicero sich wieder auf die dritte Fragestellung von III,7 (bzw. 1,9)
bezieht: <Itaque existimo Panaetium, cum dixerit homines solere in
hac comparatione (des <honestum> mit dem <utile>) dubitare, hoc
ipsum sensisse (daß gute Männer das <utile> eigentlich gar nicht mit
dem <honestum> abwägen), quod dixerit solere modo, non etiam
oportere (sei. dubitare).>
Durch diese Stelle wird φιλουσιν oder etwas Ähnliches als Formu-
lierung des Panaitios bei der Aufzählung der Fragestellungen nahe-
gelegt. Damit ist auch bewiesen, daß diese Aufzählung von Fragen
6 Die Formulierung in III,7 dürfte der ursprünglichen Formulierung des Panaitios
näher kommen als die von 1,9; das zeigt der Text von ad Att. XVI,11,4, der mit
III,7 eng übereinstimmt.
 
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