Cicero und Panaitios
55
sehen für sich zu gewinnen. Daraus, wie vorhin schon aus dem Ver-
gleich von 14 und 15 mit 93ff, wird ersichtlich, daß für Panaitios
das πρέπον im Zentrum seiner Schrift stand und die Gedanken auf
das πρέπον hin und andererseits von da her ihren Weg nahmen.
Dieser <approbatio> entspricht in den Darlegungen über das <utile>
das <studium hominum>, die eifrige Teilnahme der Menschen3.
Cicero entschuldigt sich (11,16 und 17) dafür, daß er an dieser Stelle
zu ausführlich sei, es sei ja jedem deutlich - was mit noch zahl-
reicheren Worten von Panaitios erwähnt werde -, daß ohne die
eifrige Teilnahme der Menschen kein Feldherr und kein Staatsmann
große und heilsame Taten vollbringen kann. Cicero formuliert es
noch einmal: <proprium hoc statuo esse virtutis conciliare animos
hominum et ad usus suos adiungere>. An den Komparativ <pluribus>
wird ersichtlich, daß Panaitios noch ausführlicher als Cicero auf die
Bedeutung der <studia hominum> eingegangen ist. Also dürfte er
diesem Zusammenhang noch größeren Wert beigemessen haben als
Cicero (vgl. dazu S. 57ff.).
Diese Beziehungen zwischen dem Bereich des <honestum> und dem
des <utile> lassen sich auch in den weiteren Ausführungen nachweisen.
Ausdrücklich bestätigt wird unsere Auffassung vom Zusammenhang
von <honestum> und <utile> durch 11,32: <etenim illud ipsum, quod
honestum decorumque dicimus, quia per se nobis placet animosque
omnium natura et specie sua commovet maximeque quasi perlucet
(das ist das Kp£Kov/<decorum>) ex iis, quas commemoravi, virtutibus
(liberalitas, beneficentia, iustitia, fides), idcirco illos, in quibus eas
virtutes esse remur, a natura ipsa diligere cogimurA
Wir können also sagen: Durch das Aufleuchten des καλόν
<honestum> im πρέπον <decorum> wird έπαινος5 <approbatio> der
Mitmenschen geweckt und dadurch ihr Wohlwollen und ihre eifrige
Teilnahme gewonnen; mithilfe dieser Zuneigung kann dann der
Mann, der das καλόν verfolgt, nützliche Taten vollbringen. Mit
πρέπον und έπαινος hat Panaitios zwei Vollzugsstufen gekenn-
zeichnet. Es sind keine statischen Werte, sondern sozusagen Über-
gänge oder Kräfte, die zwischen menschlichen Partnern im Bereich
des ehrenhaften und nützlichen Lebens sichtbar werden. Das πρέπον
3 Auf den Zusammenhang von <decorum>, <approbatio> und <utile> hat schon
R. Philippson, Das Sittlichschöne bei Panaitios, S. 390, kurz hingewiesen.
1 Vgl. dazu die Bedeutung der <virtus> für die Freundschaft (Laelius 26, 27, 32 u. 48).
Diese Gedanken lassen sich weiter zu Aristoteles N.E. zurückverfolgen.
5 Wir wissen nicht, welches griechische Wort Panaitios verwendet hat; ich denke
an έπαινος (vgl. zu Isokrates S. 58).
55
sehen für sich zu gewinnen. Daraus, wie vorhin schon aus dem Ver-
gleich von 14 und 15 mit 93ff, wird ersichtlich, daß für Panaitios
das πρέπον im Zentrum seiner Schrift stand und die Gedanken auf
das πρέπον hin und andererseits von da her ihren Weg nahmen.
Dieser <approbatio> entspricht in den Darlegungen über das <utile>
das <studium hominum>, die eifrige Teilnahme der Menschen3.
Cicero entschuldigt sich (11,16 und 17) dafür, daß er an dieser Stelle
zu ausführlich sei, es sei ja jedem deutlich - was mit noch zahl-
reicheren Worten von Panaitios erwähnt werde -, daß ohne die
eifrige Teilnahme der Menschen kein Feldherr und kein Staatsmann
große und heilsame Taten vollbringen kann. Cicero formuliert es
noch einmal: <proprium hoc statuo esse virtutis conciliare animos
hominum et ad usus suos adiungere>. An den Komparativ <pluribus>
wird ersichtlich, daß Panaitios noch ausführlicher als Cicero auf die
Bedeutung der <studia hominum> eingegangen ist. Also dürfte er
diesem Zusammenhang noch größeren Wert beigemessen haben als
Cicero (vgl. dazu S. 57ff.).
Diese Beziehungen zwischen dem Bereich des <honestum> und dem
des <utile> lassen sich auch in den weiteren Ausführungen nachweisen.
Ausdrücklich bestätigt wird unsere Auffassung vom Zusammenhang
von <honestum> und <utile> durch 11,32: <etenim illud ipsum, quod
honestum decorumque dicimus, quia per se nobis placet animosque
omnium natura et specie sua commovet maximeque quasi perlucet
(das ist das Kp£Kov/<decorum>) ex iis, quas commemoravi, virtutibus
(liberalitas, beneficentia, iustitia, fides), idcirco illos, in quibus eas
virtutes esse remur, a natura ipsa diligere cogimurA
Wir können also sagen: Durch das Aufleuchten des καλόν
<honestum> im πρέπον <decorum> wird έπαινος5 <approbatio> der
Mitmenschen geweckt und dadurch ihr Wohlwollen und ihre eifrige
Teilnahme gewonnen; mithilfe dieser Zuneigung kann dann der
Mann, der das καλόν verfolgt, nützliche Taten vollbringen. Mit
πρέπον und έπαινος hat Panaitios zwei Vollzugsstufen gekenn-
zeichnet. Es sind keine statischen Werte, sondern sozusagen Über-
gänge oder Kräfte, die zwischen menschlichen Partnern im Bereich
des ehrenhaften und nützlichen Lebens sichtbar werden. Das πρέπον
3 Auf den Zusammenhang von <decorum>, <approbatio> und <utile> hat schon
R. Philippson, Das Sittlichschöne bei Panaitios, S. 390, kurz hingewiesen.
1 Vgl. dazu die Bedeutung der <virtus> für die Freundschaft (Laelius 26, 27, 32 u. 48).
Diese Gedanken lassen sich weiter zu Aristoteles N.E. zurückverfolgen.
5 Wir wissen nicht, welches griechische Wort Panaitios verwendet hat; ich denke
an έπαινος (vgl. zu Isokrates S. 58).