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Gärtner, Hans Armin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1974, 5. Abhandlung): Cicero und Panaitios: Beobachtungen zu Ciceros "De officiis" ; vorgel. am 12. Jan. 1974 v. Viktor Pöschl — Heidelberg: Winter, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.45448#0073
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Cicero und Panaitios

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Ziehung dieses Ausdrucks zu Krieg und Schlacht deutlich. Der Ausdruck paßt also
zu dem oben nachgewiesenen durchgehenden Bezug auf Schlacht und Krieg in den
§§ 79-82 von de off. I.
In der Gelliusstelle fehlt aber der Bezug auf Krieg und Schlacht völlig;
es ist ganz allgemein vom Leben eines beschäftigten Mannes die Rede.
Auch ist das Bild bei Gellius ein ganz anderes; es handelt sich um Pan-
kratiasten (Ring- und Faustkämpfer).
Wenn nun die Zuweisung zu 1,80/81 widerlegt ist, müssen wir uns um
eine eigene Zuordnung bemühen.
Zu welchen von Ciceros Abschnitten paßt die Gelliusstelle?
Zu den Darlegungen über die <fortitudo> gehört sie nicht, wie wir eben
sahen. Die Prudentia, auf die man von wir prudens> und der gepriesenen
Voraussicht kommen könnte, wird in de off. 1,18 u. 19 nicht in diesem
Sinne behandelt. Dort wird von Wissenschaft (<astrologia>, <geometria>)
gesprochen. Eine Zuweisung zu den Ausführungen über die Gerechtigkeit
ist völlig ausgeschlossen. Vielleicht könnte man auch an einen Platz in dem
Buch über das <utile> denken (<sibi suisque esse usui volunt>). Doch ist dieser
Bezug zu schwach und der Hinweis auf den Nutzen auch sonst im <honestum>-
Teil zu finden (1,66: <ut res geras magnas illas quidem et maxime utiles .. .>;
1,32 vgl. 11,26 und 32; 1,65 und 11,37).
Es bleibt eine Zuweisung in den Bereich der vierten Kardinaltugend zu
versuchen. «Die Willenskraft eines klugen Mannes muß (nach der Über-
setzung von F. Weiss, Aulus Gellius, die Attischen Nächte, Bd. 2,1876, Nach-
druck 1965,224) gegen die Macht und Launenhaftigkeit der Ungerechtigkeiten
und Widerwärtigkeiten jederzeit Vorsicht anwenden und muß erwartungsvoll,
unerschütterlich, völlig gedeckt, schlagfertig, selbst in Bedrängung unver-
rückten Blickes nicht den Mut sinken lassen, nirgends sein Augenmerk
ablenkend dastehen ...»
Neben der <prudentia> ist hier ganz sicher auch die <constantia> im Spiel.
Es geht im Gegensatz zu 1,80/81, wo vom Feldherrn und Staatsmann die
Rede ist, viel allgemeiner um die beständigen und beinahe täglichen Ge-
fahren>, d.h. um die allgemeine menschliche Haltung der Beständigkeit in
Schicksalsschlägen.
Übrigens ist Pohlenz, a.O., bei seiner Deutung der Gelliusstelle von
einer Zuordnung zur vierten Kardinaltugend nicht fern. Er spricht vom
«Kämpfer, dessen Temperament in jedem Augenblick gezügelt und geleitet
wird» (vgl. dazu de off. 1,101/02).
Μ. Pohlenz, Führertum, 51, führt, obwohl er sonst anderer Meinung ist,
bei der Besprechung der Gelliusstelle aus Cic. orator 228 an: <Ut enim
athletas (nec multo secus gladiatores-fügt Cicero für Rom hinzu) videmus
nihil nec vitando facere caute nec petendo vehementer, in quo non motus
hic habeat palaestram quandam, ut quidquid in rebus fiat utiliter ad pugnam
idem ad aspectum etiam sit venustum, sic orator nec plagam gravem fecit,
 
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