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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1978, 2. Abhandlung): Bocksbeutel und Aryballos: philologischer Beitrag zur Urgeschichte einer Gefäßform ; vorgetr. am 9. Juli 1977 — Heidelberg: Winter, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.45468#0009
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Wer den Vorzug genießt, einen Teil seines Lebens in Würzburg
verbracht zu haben, der stieß dort mit innerer und äußerer Notwendig-
keit auf ein Kulturphänomen, das mit einer der edelsten Gaben dieses
Landes zusammenhängt, mit dem Frankenwein. Dieser wird, sofern
nicht aus dem Faß gezapft, in Flaschen verwahrt und von daher aus-
geschenkt, die das übliche Maß von knapp 3A Litern bergen, aber nicht
Flasche oder Bouteille, sondern Bocksbeutel heißen (Abb. 25 Mitte). Mit
meinem damaligen Kollegen, dem Sprachwissenschaftler Hans Krähe,
dessen Gedächtnis diese Blätter gewidmet sind, wurde ich, als er 1934
erstmals nach Würzburg kam, in unvergeßlichen Gesprächen beim
Bocksbeutel alsbald darüber einig, daß in diesem nach Form und
Namen merkwürdigen Behältnis nicht nur ein verführerischer Stoff
aufbewahrt zu werden pflegt, sondern daß der Bocksbeutel auch ein
philologisch-historisch-volkskundliches Problem umschließt, dessen
Geheimnis es zu ergründen gilt. Seit dieser Zeit bin ich dem Rätsel
auf der Spur und will nun endlich das Ergebnis meiner Bemühungen
bekanntmachen und der wissenschaftlichen Kritik unterbreiten.
Neben den Wörterbüchern und Enzyklopädien, die unter dem
Stichwort <Bocksbeutel> die Sache kurz und pflichtgemäß abhandeln,
hat sich vor allem auch eine reiche populärwissenschaftliche Literatur
mit teilweise kommerziellem Einschlag der Sache angenommen1.
Das Resümee all dieser Bestrebungen zieht jetzt in einem eigenen
Namen-Kapitel eine verdienstvolle üppig illustrierte Monographie von
Hermann Jung2. Offenbar hat man zunächst lange Zeit über den
Namen gar nicht reflektiert — so preist E. T. A. Hoffmann im <Kater
Murn den «echten Bocksbeutel aus dem St.johannis-Hospital zu Würz-
burg ... in bester Qualität»3, wobei ihm die Verpackung für die Echt-
heit der Güte des Stoffes zu bürgen scheint, und Gottfried Keller kennt
die Bezeichnung anscheinend als die einer Weinlage, wenn er am
Anfang der Novelle <Kleider machen Leute> neben einem «Fläschchen
Tokaier» und einer «Champagnerflasche» auch «ein Krügelchen Bocks-
beutel» erwähnt. Das damit angesprochene Gewächs ist in der Tat für
Franken seit alters bezeugt4 und hat sein Pendant im <Niersteiner
1 Als Beispiel dieser Art nenne ich ]. B. Kittel, Das Buch vom Frankenwein 21925
(«veranlaßt vom Fränkischen Weinbau-Verein und vom Fränkischen Weinhänd-
ler-Verband»); hier S. 37 kurz über den Namen.
2 H. Jung, 3000 Jahre Bocksbeutel. Der Siegeszug einer Weinflasche. Würzburg
1970; S. 33 ff.
3 Kittel, S. 36.
4 Kittel 37, vgl. Jung 36.
 
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