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Hildebrecht Hommel
beherrscht doch Korinth den Markt durchaus, so daß sich der Vergleich
mit dem Würzburger Bocksbeutel anbietet, wenn es auch unwahr-
scheinlich ist, daß Korinth, das sowieso den keramischen Markt damals
unbestritten beherrscht hat, über ein verbindlich festgelegtes Monopol
verfügte, wie es heute für den fränkischen Bocksbeutel existiert37.
Man darf annehmen, daß der Bocksbeutel, sobald er nicht mehr in der
originalen Urform Verwendung fand, sondern — zunächst aus Ton,
später aus Glas — nachgeahmt wurde, nicht nur im Format je nach
Bedarf und Gebrauchsart beliebig vergrößert werden konnte, wie wir
es vor allem bei der fränkischen Weinflasche sehen, sondern daß er aus
praktischen Gründen auch gewissen Formveränderungen unterworfen
wurde. Als Beispiel dafür mögen aus der Fülle des Materials einige
mehr oder weniger kugelige Salb- oder Parfümfläschchen kölnischer
Provenienz aus der 1. Hälfte des 1. Jh. n. Chr., dienen, die sich in Köln
in den reichen Beständen des Wallraf-Richartz-Museums befinden
(Abb. 8)38. Dabei vergrößert sich das Format im 2-/3. Jahrhundert
bereits gelegentlich, wie ein schönes Beispiel aus dem Museum für
Islamische Kunst in Berlin zeigen kann (Abb. 9)39. Später hat der
fränkische Bocksbeutel seine Abflachung wohl deshalb erhalten, weil
37 Kittel 38. Ausführlich darüber Jung 55 ff. 71 ff. Danach gibt es seit 1922 gesetz-
liche Bestimmungen, die seitdem wiederholt durch gerichtliche Entscheidungen be-
stätigt wurden (zuletzt 1975, s. Südwest-Presse vom 7. 6. 1975). So genießt
«aufgrund besonderer historischer Zusammenhänge» lediglich «das badische
Schloßweingut Neuweier in der Ortenau nebst den benachbarten oberrheinischen
Winzergenossenschaften von Neuweier, Steinbach, Umweg und Varnhalt . . . ein
Ausnahmerecht zur Verwendung der Frankenflasche» {Jung 75). Auch nord-
badische Gemeinden wie Königheim bei Lauda erfreuen sich als dem main-
fränkischen Raum zugehörig der gleichen Vergünstigung. Wie mehrfach aus
Pressenachrichten zu entnehmen ist, findet gegenwärtig ein harter Kampf der
fränkischen und badischen Winzerverbände im Rahmen der «Europäischen Ge-
meinschaft* vor allem gegen Portugal und Frankreich um das Bocksbeutelprivileg
statt, wobei sich der Würzburger Völkerrechtler Ernst-Werner Fuß mit besonderer
Energie für die Rechte der angestammten Bocksbeutelländer einsetzt.
38 Fritz Fremersdorf, Römische Gläser aus Köln. 1939, S. 27 u. Taf. 4. Bei dem
mittleren Gefäß ist Herkunft aus der Kürbisform nicht auszuschließen. Über diese
s. unten S. 38. — Reiches Material für die Spätantike auch bei R. Sunkovsky,
Antike Gläser in Carnuntum und Wien (1956); s. bes. die Abbildungen 28 a—c
und 38 c—d mit Text auf S. 18, 20, 25, 27 — durchweg ca. 8—11 cm hoch, z. Teil
aus Syrien stammend.
39 Wohl von ägyptischer Herkunft, aus dem Museumskatalog 1971, Nr. 57 freund-
lich nachgewiesen durch Frau Johanna Zick (1911 von Friedr. Sarre im Kunst-
handel erworben).
Hildebrecht Hommel
beherrscht doch Korinth den Markt durchaus, so daß sich der Vergleich
mit dem Würzburger Bocksbeutel anbietet, wenn es auch unwahr-
scheinlich ist, daß Korinth, das sowieso den keramischen Markt damals
unbestritten beherrscht hat, über ein verbindlich festgelegtes Monopol
verfügte, wie es heute für den fränkischen Bocksbeutel existiert37.
Man darf annehmen, daß der Bocksbeutel, sobald er nicht mehr in der
originalen Urform Verwendung fand, sondern — zunächst aus Ton,
später aus Glas — nachgeahmt wurde, nicht nur im Format je nach
Bedarf und Gebrauchsart beliebig vergrößert werden konnte, wie wir
es vor allem bei der fränkischen Weinflasche sehen, sondern daß er aus
praktischen Gründen auch gewissen Formveränderungen unterworfen
wurde. Als Beispiel dafür mögen aus der Fülle des Materials einige
mehr oder weniger kugelige Salb- oder Parfümfläschchen kölnischer
Provenienz aus der 1. Hälfte des 1. Jh. n. Chr., dienen, die sich in Köln
in den reichen Beständen des Wallraf-Richartz-Museums befinden
(Abb. 8)38. Dabei vergrößert sich das Format im 2-/3. Jahrhundert
bereits gelegentlich, wie ein schönes Beispiel aus dem Museum für
Islamische Kunst in Berlin zeigen kann (Abb. 9)39. Später hat der
fränkische Bocksbeutel seine Abflachung wohl deshalb erhalten, weil
37 Kittel 38. Ausführlich darüber Jung 55 ff. 71 ff. Danach gibt es seit 1922 gesetz-
liche Bestimmungen, die seitdem wiederholt durch gerichtliche Entscheidungen be-
stätigt wurden (zuletzt 1975, s. Südwest-Presse vom 7. 6. 1975). So genießt
«aufgrund besonderer historischer Zusammenhänge» lediglich «das badische
Schloßweingut Neuweier in der Ortenau nebst den benachbarten oberrheinischen
Winzergenossenschaften von Neuweier, Steinbach, Umweg und Varnhalt . . . ein
Ausnahmerecht zur Verwendung der Frankenflasche» {Jung 75). Auch nord-
badische Gemeinden wie Königheim bei Lauda erfreuen sich als dem main-
fränkischen Raum zugehörig der gleichen Vergünstigung. Wie mehrfach aus
Pressenachrichten zu entnehmen ist, findet gegenwärtig ein harter Kampf der
fränkischen und badischen Winzerverbände im Rahmen der «Europäischen Ge-
meinschaft* vor allem gegen Portugal und Frankreich um das Bocksbeutelprivileg
statt, wobei sich der Würzburger Völkerrechtler Ernst-Werner Fuß mit besonderer
Energie für die Rechte der angestammten Bocksbeutelländer einsetzt.
38 Fritz Fremersdorf, Römische Gläser aus Köln. 1939, S. 27 u. Taf. 4. Bei dem
mittleren Gefäß ist Herkunft aus der Kürbisform nicht auszuschließen. Über diese
s. unten S. 38. — Reiches Material für die Spätantike auch bei R. Sunkovsky,
Antike Gläser in Carnuntum und Wien (1956); s. bes. die Abbildungen 28 a—c
und 38 c—d mit Text auf S. 18, 20, 25, 27 — durchweg ca. 8—11 cm hoch, z. Teil
aus Syrien stammend.
39 Wohl von ägyptischer Herkunft, aus dem Museumskatalog 1971, Nr. 57 freund-
lich nachgewiesen durch Frau Johanna Zick (1911 von Friedr. Sarre im Kunst-
handel erworben).