I. EINLEITUNG
Seit einiger Zeit beschäftigt sich das Kunsthistorische Institut in
Florenz im Rahmen des Forschungsprojektes „Die Kirchen von Siena“
mit Architektur und Ausstattung der ehemaligen Sieneser Augustiner-
kirche1. Den Sondierungs- und Freilegungsarbeiten ist unter anderem
die Wiedergewinnung eines Freskos zu danken, das im Hinblick auf
Typus, bildnerische Realisierung und Ikonographie einen sehr interes-
santen Sonderfall repräsentiert (Abb. 1).
Vorauszuschicken ist zum einen, daß einige Partien des Wandbildes,
darunter große Teile der weiblichen Liegefigur rechts unten, bereits
durch einen früheren Aufdeckungsversuch ans Licht gebracht worden
waren, ohne daß deswegen Rückschlüsse auf den Gesamtzusammen-
hang möglich gewesen wären2. Zum anderen ist zu bemerken, daß
einige große Fehlstellen, namentlich in der unteren Zone und links
oben, die Lesbarkeit des Freskos beeinträchtigen und die Rekonstruk-
tion mit einigen Ungewissheiten belasten. Indessen: Die wesentlichen
Teile sind - wenn auch in ihrer Oberfläche arg angegriffen - erhalten
und verlangen nach einer eingehenden Interpretation.
Das Fresko nimmt einen Teil der Nordwand der Cappella Azzoni am
nördlichen Querhaus von S. Agostino ein (Abbildung 2). Über seine
Plazierung und seine Abmessungen unterrichtet der Aufriß Abb. 3
(vgl. S. 50), über Maltechnik, Zustand und die angewandten Siche-
rungsmethoden informiert der im Anhang abgedruckte Restaurie-
rungsbericht von Professor Leonetto Tintori (S. 46).
Dargestellt ist ein Grabmonument, dessen besonderer Charakter
hier zu bestimmen ist. Zunächst soll eine Beschreibung die formale
und koloristische Struktur verdeutlichen, dann eine Analyse die
perspektivisch-illusionistischen Qualitäten klären. In der Folge werden
1 Erste Ergebnisse wurden soeben veröffentlicht: Max Seidel, Die Fresken des
Francesco di Giorgio in S. Agostino in Siena, in: Mitteilungen des Kunsthisto-
rischen Institutes in Florenz, XXIII, 1979, S. 2ff.; Martina Ingendaay, Rekon-
struktionsversuch der „Pala Bichi“ in S. Agostino in Siena, ebenda, S. 109 ff.
2 Diese um 1960 durchgeführten Sondierungen gingen auf die Initiative von Enzo
Carli zurück; Geldmangel verhinderte seinerzeit eine Freilegung des Freskos.
Seit einiger Zeit beschäftigt sich das Kunsthistorische Institut in
Florenz im Rahmen des Forschungsprojektes „Die Kirchen von Siena“
mit Architektur und Ausstattung der ehemaligen Sieneser Augustiner-
kirche1. Den Sondierungs- und Freilegungsarbeiten ist unter anderem
die Wiedergewinnung eines Freskos zu danken, das im Hinblick auf
Typus, bildnerische Realisierung und Ikonographie einen sehr interes-
santen Sonderfall repräsentiert (Abb. 1).
Vorauszuschicken ist zum einen, daß einige Partien des Wandbildes,
darunter große Teile der weiblichen Liegefigur rechts unten, bereits
durch einen früheren Aufdeckungsversuch ans Licht gebracht worden
waren, ohne daß deswegen Rückschlüsse auf den Gesamtzusammen-
hang möglich gewesen wären2. Zum anderen ist zu bemerken, daß
einige große Fehlstellen, namentlich in der unteren Zone und links
oben, die Lesbarkeit des Freskos beeinträchtigen und die Rekonstruk-
tion mit einigen Ungewissheiten belasten. Indessen: Die wesentlichen
Teile sind - wenn auch in ihrer Oberfläche arg angegriffen - erhalten
und verlangen nach einer eingehenden Interpretation.
Das Fresko nimmt einen Teil der Nordwand der Cappella Azzoni am
nördlichen Querhaus von S. Agostino ein (Abbildung 2). Über seine
Plazierung und seine Abmessungen unterrichtet der Aufriß Abb. 3
(vgl. S. 50), über Maltechnik, Zustand und die angewandten Siche-
rungsmethoden informiert der im Anhang abgedruckte Restaurie-
rungsbericht von Professor Leonetto Tintori (S. 46).
Dargestellt ist ein Grabmonument, dessen besonderer Charakter
hier zu bestimmen ist. Zunächst soll eine Beschreibung die formale
und koloristische Struktur verdeutlichen, dann eine Analyse die
perspektivisch-illusionistischen Qualitäten klären. In der Folge werden
1 Erste Ergebnisse wurden soeben veröffentlicht: Max Seidel, Die Fresken des
Francesco di Giorgio in S. Agostino in Siena, in: Mitteilungen des Kunsthisto-
rischen Institutes in Florenz, XXIII, 1979, S. 2ff.; Martina Ingendaay, Rekon-
struktionsversuch der „Pala Bichi“ in S. Agostino in Siena, ebenda, S. 109 ff.
2 Diese um 1960 durchgeführten Sondierungen gingen auf die Initiative von Enzo
Carli zurück; Geldmangel verhinderte seinerzeit eine Freilegung des Freskos.