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Riedl, Peter Anselm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1979, 6. Abhandlung): Das Fondi-Grabmal in S[an] Agostino zu Siena: Vorgelegt am 1. Dezember 1979 — Heidelberg: Winter, 1979

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https://doi.org/10.11588/diglit.45477#0045
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Das Fondi-Grabmal in S. Agostino zu Siena

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VII. SCHLUSSÜBERLEGUNGEN
Die Betrachtung der einzelnen Komponenten kann nicht vergessen
machen, daß das Fondi-Grabmal auch in seiner heutigen ruinösen
Erscheinung ein als Ganzes eindrucksvolles und in sich logisches
Gebilde ist. Die starken dekorativen Züge neutralisieren keineswegs
den offenkundig präzise durchdachten Inhalt. Letztlich stehen alle Ele-
mente im Dienste der Funktion, einen bestimmten Bedeutungskom-
plex zu vermitteln. Unser Verständnis findet dort seine Grenzen, wo
das Monument aufgrund seines Zustandes und die schriftlichen Quel-
len bestimmte Informationen versagen. Gleichwohl erschließt sich uns
eine Vorstellungswelt, in der sich Christliches und Humanistisch-Paga-
nes durchwirken - freilich so, daß die christliche Heilserwartung die
antikischen Züge relativiert.
Innerhalb der sienesischen Kunst der Phase zwischen etwa 1550 und
1580 repräsentiert das Fondi-Grabmal einen Höhepunkt. Qualitativ
überragt es meines Erachtens nicht nur alle anderen späten Gemälde
Riccios sondern auch die vom Meister entworfenen Ausstattungs-
stücke im Sieneser Dom.
Ob das Programm von Bartolomeo Neroni - dessen Vielseitigkeit
eine solche Annahme vielleicht zuließe - konzipiert worden ist, muß
vorerst dahingestellt bleiben". Der Gedanke, der in Rom wirkende
Kleriker Camillo Fondi könnte als gelehrter Inventar tätig geworden
sein, ist verlockend.
Mag die Ausführung des Fondi-Grabmals als Fresko durch die
erläuterten äußeren Umstände erklärt sein (was der Annahme Elio
Rodios widersprechen würde; vgl. S. 49), so bleibt doch die Frage nach
den Gründen für die Wahl der reichen Farbskala offen. Die gemalten
Quattrocento-Monumente im Florentiner Dom wecken viel eher den
Eindruck fingierter Skulpturen als das Sieneser Werk. Zwar operieren
auch Uccello und Castagno mit polychromen Effekten, doch bleibt die
Distanz zu Riccios Fresko groß. Nicht nur, weil die Farbigkeit der archi-
tektonischen Elemente lebhafter ist, sondern vor allem, weil die Figu-
ren koloristisch so behandelt sind, als gehe es um eine möglichst rea-
listische Vergegenwärtigung und nicht um die Übersetzung in simu-

99 An der Planung eines umfangreichen Zyklus’ hatte Riccio beispielsweise im
Falle des Oratorio di S. Caterina teil (vgl. W. Chandler Kirwin, wie in Anm. 34
zitiert, S. 201). Inwieweit das ikonographische Programm des Lesepultes und
des Dreisitzes im Dom sein geistiges Eigentum ist, bedarf genauerer Klärung.
 
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