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Riedl, Peter Anselm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1979, 6. Abhandlung): Das Fondi-Grabmal in S[an] Agostino zu Siena: Vorgelegt am 1. Dezember 1979 — Heidelberg: Winter, 1979

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https://doi.org/10.11588/diglit.45477#0046
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Peter Anselm Riedl

lierte Meißelarbeit. Man muß dies wohl auf die Versuchung des Künst-
lers zurückführen, die Chancen des Mediums Malerei extensiv - und
vielleicht etwas zu unbefangen - zu nutzen.
Eine andere Erklärung sei hier - mit aller gebotenen Vorsicht - in
Erwägung gezogen. Mehrfach wurde auf Michelangelos Katafalk ver-
wiesen, und nicht nur die Bedeutungsredundanz sondern auch der
dekorativ-lockere Aufbau des Fondi-Grabmals könnten an eine Bezie-
hung zur Gattung der Trauergerüste denken lassen. Die Geschichte
dieser ephemeren Denkmäler ist erst von der jüngsten Forschung
erhellt worden100. Wichtige frühe Entwicklungsstufen repräsentieren
die Trauergerüste für Kaiser Karl V. in Brüssel, Piacenza (Dezember
1558), Rom (März 1559) und Bologna (April 1559) sowie ebenjener
„catafalco o vero pirramide“101, der 1564 für Michelangelo in S. Loren-
zo zu Florenz errichtet wurde. Trauergerüste markieren, laut Lieselotte
Popelka, Jene Stelle in der Architektur, wo das materielle Substrat am
dünnsten und die Signifikanz am größten ist“102. Der Michelangelo-
Katafalk, über dessen Aussehen wir genau unterrichtet sind, setzte sich
aus architektonischen, plastischen und gemalten Elementen zusam-
men; die Farbigkeit war, wie die der gesamten Sonderausstattung von

100 Literaturhinweise: 0. Berendsen, The Italian Sixteenth and Seventeenth Century
Catafalques, Diss. New York University 1961 (Kap. II, S. 56ff: The Obelisk-
Catafalque; wichtig zur Vorgeschichte dieses Typs: S. 62); E. Borsook, Art und
Politics at the Medici Court I, III, IV, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen
Institutes in Florenz, XII, 1965/66, S. 31 ff. (The Funeral of Cosimo I de’Medici;
ergänzend: Drawings for the Funeral of Cosimo I de’Medici, S. 366ff); XIV,
1969/70, S. 91 ff (Funeral Decor for Philip II of Spain); S. 201 ff (Funeral Decor
for Henry IV of France); L. Popelka, Trauergerüste, Bemerkungen zu einer
ephemeren Architekturgattung, in: Römische Historische Mitteilungen, Graz/
Wien/Köln 1967, S. 184ff. (zur Bedeutung der Pyramide bei Trauergerüsten
S. 195: „So heißt es etwa 1621 in Zaragoza beim tumulo Philipps III., die
mistica significacion der Pyramide sei die Unsterblichkeit und Ewigkeit . . ., und
bei dem . . . Lateranskatafalk der Königin Anna steht die Pyramide als ultimo
termine des Herrschaftsgebäudes, als Zeichen des abnehmenden Lebens, das
vom Tod erwartet wird. Im allgemeinen aber bedeutet sie seit den emblema-
tischen Werken des 16. Jahrhunderts, bei Alciatus und Cesare Ripa, die gloria
dei principi und die Ewigkeit“); B. Riederer-Grohs, Florentinische Feste des Spät-
barock, Frankfurt am Main 1978 (über die Leichenfeiern: S. 82ff). - Eine
wichtige Quelle zur Geschichte der Gattung ist: D. Moreni, Pompe funebri
celebrate nellTmp. e Real Basilica di San Lorenzo dal secolo XIII. a tutto il
regno Mediceo, Florenz 1827.
101 Vgl. R. u. M. Wittkower, wie in Anm. 19 zitiert, S. 145.
102 L. Popelka, wie in Anm. 100 zitiert, S. 199.
 
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