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Riedl, Peter Anselm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1979, 6. Abhandlung): Das Fondi-Grabmal in S[an] Agostino zu Siena: Vorgelegt am 1. Dezember 1979 — Heidelberg: Winter, 1979

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https://doi.org/10.11588/diglit.45477#0020
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Peter Anselm Riedl

Sprüngen, vielleicht aber auch zusätzlich dem breiten Mittelteil,
optisch Halt geben.
Mein Rekonstruktionsvorschlag (Abb. 4) hat selbstverständlich
hypothetischen Charakter. Gewiß ist hingegen, daß dem mittleren
Sockelteil ein Ensemble eingeschrieben war, welches in Korrespon-
denz mit jenem des Giebelfeldes zu verstehen ist: Der Rest eines
Kinderbeines an dem am weitesten nach unten reichenden Sockelrudi-
ment läßt auf eine Figuration mit zwei Putten, die eine Schrifttafel hal-
ten, schließen. Da an keiner anderen Stelle des Grabmonumentes
Inschriften oder Schriftfragmente zu finden sind, ist die Annahme
einer ausführlichen Legende im erwähnten Bereich zwingend. Was der
Verlust der Tafel für die Forschung bedeutet, bedarf keiner weiteren
Erläuterung.
Unzweifelhaft war die gesamte Basiszone reicher strukturiert und
dekoriert, als das meine Rekonstruktion andeutet. Jedes Mehr an
Details hätte den Anteil des Ungesicherten unzulässig vergrößert.
Schon eine flüchtige Prüfung läßt erkennen, was eine genaue Nach-
messung bestätigt: Das Fondi-Grabmal ist nach den Regeln der Zen-
tralperspektive konstruiert und auf einen bestimmten Betrachtungs-
punkt hin als illusionsräumliches Gebilde ausgelegt. Die Verkürzung
ist auf eine Betrachterposition vor der Mittelachse der Komposition,
orthogonal zur Wandebene, bezogen. Die Horizontlinie liegt, knapp
unter dem zu rekonstruierenden Fußprofil, 162,5 cm über dem Kapel-
lenboden; der errechnete Betrachterabstand beträgt 459,5 cm. Die
unteren Bildpartien sind mithin in leichtem Sottinsü gegeben, die
oberen in graduell steilerer Verkürzung. Allgemeiner Übung gemäß
sind die Figuren der Oberzone in weitaus weniger ausgeprägter Unter-
sicht gezeigt, als das ihre Plazierung eigentlich erfordern würde. Das
Kruzifix und die beiden Famaallegorien sind beinahe unverkürzt
dargeboten.
Schwierig ist die genaue Bestimmung der verschiedenen simulierten
Raumschichten in ihrem Verhältnis zur tatsächlichen Wandebene. Die
seitlichen Sockelstücke und die über ihnen aufragenden Obelisken
sind als weit vor die Wand tretende Gebilde aufzufassen, aber auch die
Ädikulaarchitektur mit ihren diversen Bekrönungselementen erhält
9 Ein derartiges Gestühl ist beispielsweise für die Cappella Bichi belegt. In der
Cappella Azzoni könnten seine Rückwände nicht mehr als 140 bis 150 cm hoch
gewesen sein, weil sonst kein Platz für die zu rekonstruierenden gemalten
Konsolen zur Verfügung gestanden hätte.
 
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