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Peter Anselm Riedl
bereich in Erwägung zu ziehen habe72. Vasari schreibt in seiner Brunel-
leschi-Vita: „Cosi dunque cristianamente vivendo, lasciö al mondo
odore della bontä sua e delle egregie sue virtü“73. Picinelli spricht unter
dem ausführlich abgehandelten Stichwort „Vaso“ mit Rekurs auf die
Salbung Christi durch Maria Magdalena davon, daß die Seele im
Augenblick äußerster Anfechtung „esala odore di divotione, e di
pieta“74 75. Der Duft der Tugend und der Frömmigkeit würde mithin
aus dem Gefäß verströmen - als reinstes und geistigstes Relikt des Ver-
storbenen. Daß solche Deutung auf die Vase des Fondi-Grabmals
zutrifft, bleibt freilich Hypothese.
Keineswegs so einfach zu definieren, wie es zunächst den Anschein
haben mag, sind die beiden Figuren auf dem Sarkophag. Gemeinsam
ist den Gestalten das - durch den Gleichklang der Kopfheigung
eigenartig akzentuierte - melancholische Air, gemeinsam die Ausstat-
tung mit Attributen. Doch Rüstung, Schild und Eule weisen die linke
Figur noch nicht als Minerva aus, ebensowenig das zerbrochene Instru-
ment die rechte als trauernde Allegorie der Musik.
Eule und Fledermaus sind zunächst unabhängig von den weiblichen
Gestalten als Geschöpfe der Nacht und, in ausgeweitetem Sinne, des
Todes zu verstehen. Michelangelos Nacht-Allegorie auf dem Sarko-
phag des Giuliano de’Medici ist unter anderem eine sitzende Eule
beigegeben, das Obuluskästchen des Lorenzo de’Medici hat vome die
Form eines Fledermauskopfes („The obolus-box . . ., decorated with
the head of a bat, the bird of the underworld, is evidently a symbol signi-
fying that he is already in the realm of Hades, which is also considered
the realm of riches“72). Ripa bezeichnet die Eule als „animal nemico de
72 Vgl. U. Davitt Asmus, Corpus quasi vas, Berlin 1977. - Es gibt einige Cinquecento-
Grabmäler mit Kolossalvasen, die m. E. im Sinne der Denkfigur „Corpus quasi
vas“, wie sie Davitt Asmus geistreich an ihren Beispielen expliziert hat, gedeutet
werden müssen (so die Grabmonumente von Prospero Clementi in S. Andrea
zu Mantua und im Dom von Reggio Emilia, abgebildet in: A. Venturi, Storia
dell’ Arte Italiana, XI/2, Mailand 1936, Abb. 470 u. 473).
73 G. Vasari, Le Vite . . ., herausgegeben von G. Milanesi, II, Florenz 1878, S. 383.
Den Hinweis auf diese Stelle verdanke ich Frau Dr. Davitt Asmus.
74 F. Picinelli, wie in Anm. 66 zitiert, 1653, S. 408ff. (Lib. XV, Cap. XXVI); latei-
nische Ausgabe (Neudruck 1979), S. 47ff.: „Vas/vasculum“. Picinelli bezieht sich
auf Johannes 12,3.
75 Ch. de Tolnay, wie in Anm. 11 zitiert, S. 69. Über die Allegorie der Nacht vgl.
ebenda, S. 67: „The frightening creatures of night which disturb the rest of the
soul appear below the sleeper. An owl watches; a terrifying satyr mask (symbol
of fallacy - Ripa) with two goatlike teeth (symbol of sensuality) snores. A
Peter Anselm Riedl
bereich in Erwägung zu ziehen habe72. Vasari schreibt in seiner Brunel-
leschi-Vita: „Cosi dunque cristianamente vivendo, lasciö al mondo
odore della bontä sua e delle egregie sue virtü“73. Picinelli spricht unter
dem ausführlich abgehandelten Stichwort „Vaso“ mit Rekurs auf die
Salbung Christi durch Maria Magdalena davon, daß die Seele im
Augenblick äußerster Anfechtung „esala odore di divotione, e di
pieta“74 75. Der Duft der Tugend und der Frömmigkeit würde mithin
aus dem Gefäß verströmen - als reinstes und geistigstes Relikt des Ver-
storbenen. Daß solche Deutung auf die Vase des Fondi-Grabmals
zutrifft, bleibt freilich Hypothese.
Keineswegs so einfach zu definieren, wie es zunächst den Anschein
haben mag, sind die beiden Figuren auf dem Sarkophag. Gemeinsam
ist den Gestalten das - durch den Gleichklang der Kopfheigung
eigenartig akzentuierte - melancholische Air, gemeinsam die Ausstat-
tung mit Attributen. Doch Rüstung, Schild und Eule weisen die linke
Figur noch nicht als Minerva aus, ebensowenig das zerbrochene Instru-
ment die rechte als trauernde Allegorie der Musik.
Eule und Fledermaus sind zunächst unabhängig von den weiblichen
Gestalten als Geschöpfe der Nacht und, in ausgeweitetem Sinne, des
Todes zu verstehen. Michelangelos Nacht-Allegorie auf dem Sarko-
phag des Giuliano de’Medici ist unter anderem eine sitzende Eule
beigegeben, das Obuluskästchen des Lorenzo de’Medici hat vome die
Form eines Fledermauskopfes („The obolus-box . . ., decorated with
the head of a bat, the bird of the underworld, is evidently a symbol signi-
fying that he is already in the realm of Hades, which is also considered
the realm of riches“72). Ripa bezeichnet die Eule als „animal nemico de
72 Vgl. U. Davitt Asmus, Corpus quasi vas, Berlin 1977. - Es gibt einige Cinquecento-
Grabmäler mit Kolossalvasen, die m. E. im Sinne der Denkfigur „Corpus quasi
vas“, wie sie Davitt Asmus geistreich an ihren Beispielen expliziert hat, gedeutet
werden müssen (so die Grabmonumente von Prospero Clementi in S. Andrea
zu Mantua und im Dom von Reggio Emilia, abgebildet in: A. Venturi, Storia
dell’ Arte Italiana, XI/2, Mailand 1936, Abb. 470 u. 473).
73 G. Vasari, Le Vite . . ., herausgegeben von G. Milanesi, II, Florenz 1878, S. 383.
Den Hinweis auf diese Stelle verdanke ich Frau Dr. Davitt Asmus.
74 F. Picinelli, wie in Anm. 66 zitiert, 1653, S. 408ff. (Lib. XV, Cap. XXVI); latei-
nische Ausgabe (Neudruck 1979), S. 47ff.: „Vas/vasculum“. Picinelli bezieht sich
auf Johannes 12,3.
75 Ch. de Tolnay, wie in Anm. 11 zitiert, S. 69. Über die Allegorie der Nacht vgl.
ebenda, S. 67: „The frightening creatures of night which disturb the rest of the
soul appear below the sleeper. An owl watches; a terrifying satyr mask (symbol
of fallacy - Ripa) with two goatlike teeth (symbol of sensuality) snores. A