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Beierwaltes, Werner; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 11. Abhandlung): Marsilio Ficinos Theorie des Schoenen im Kontext des Platonismus: vorgetragen am 28. Juni 1980 — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45488#0031
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Marsilio Ficinos Theorie des Schönen im Kontext des Platonismus

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Materialität freie, absolute Schönheit59. Verbunden mit diesem
Wesenszug Gottes ist nicht nur seine Gutheit und Gerechtigkeit,
sondern vor allem seine Einheit. Als solche ist er absolut in sich
selbst, reine Wirklichkeit und Grund seiner selbst, Wirklichkeit als
aktive Möglichkeit; im Sinne absoluter Selbstbestimmtheit (actus
sui) will er sich selbst und liebt er sich selbst60. Der sein Sein
als ganzes und eines umfassende Akt ist als Selbstreflexion ver-
standen, so daß Gottes Sein mit seinem Wollen, Lieben und Denken
identisch ist61: Als 'ipsa intellectio’ durchschaut er sich selbst, ist
er sich selbst offenbare durchsichtige 'Wahrheit’62, fügt er sich selbst
- reflektierend zugleich wollend und liebend - zu einer trinitarischen
Einheit. Dem In-sich-Sein Gottes entspricht sein begründendes, Sein-
setzendes und zugleich bewahrendes In-Sein in Allem außer ihm63.
59 A 238: mera ... infinita pulchritudo. 'Pulchritudo unica’ und 'sacra pulchritudo’
in der Oratio ad Deum theologica (Supplementum Ficinianum, ed. P. 0. Kristel-
ler, Florenz 1937,1 41; 46). - Im Folgenden beziehe ich mich punktuell auf meine
Abhandlung: „Neuplatonisches Denken als Substanz der Renaissance“ (in: Magia
naturalis und die Entstehung der modernen Naturwissenschaften, Studia Leib-
nitiana, Sonderheft 1978, 1-18), aus der ich einige Passagen in erweiterter und
veränderter Form hier einfüge.
Abkürzungen für die Zitate aus Marsilio Ficino:
Opera = Marsilio Ficino, Opera Omnia, Basel 1576, 2 Bände, Nachdruck: Torino
1962.
A = De Amore, zitiert nach der Ausgabe von Raymond Marcel: Marsile
Ficin. Commentaire sur le Banquet de Platon, Paris 1956.
PT = Theologiae Platonicae de immortalitate animorum libri XVIII ad Lau-
rentium Medicem, zitiert nach der Ausgabe von Raymond Marcel:
Marsile Ficin, Theologie Platonicienne de l’immortalite des ämes, 3 Bände,
Paris 1964/70. Den Hinweisen auf Buch bzw. Oratio und Kapitel aus A
und PT folgt jeweils nach einem Strichpunkt die Seitenangabe des ent-
sprechenden Bandes.
60 PT II 12; I 115. 13; 118. Zum sachlichen Kontext dieser Aussagen vgl. Plot.
VI 8, 13,21: ecwto te üeAei (vom Einen gesagt). 16,13: oiov eccvtöv ayonu)00^-
61 PT XI 4; II 119: In deo autem quia esse et intelligere idem sunt, notio quam
deus intelligendo seipsum gignit tamquam exactissimam sui ipsius imaginem
idem est atque ipse deus. II 10; I 104: Esse in deo atque intelligere idem est
omnino, ideoque sicut esse eius infinitum est, ita intelligere infinitum. II 12;
I 114: Sein, Denken, Wollen sind in Gott identisch. Im Akt des Sich-selbst-
Denkens denkt der Gott die Ideen: PT VIII 1; I 288. V 13; 208. XV 2; III 23.
De raptu Pauli XV; III 357: absolutissimum intelligentiae lumen ... reflexio in
semet ipsam. Ideae - Verbum - sapientia.
62 PT I 6; I 70. Ebd.: simplicissima veritas seipsam minime latens.
63 A VI 10; 219. VI 18; 238. - Gott als 'bonum diffusivum sui’, PT XII 3; II 162:
deus se diffundit res producendo (was durchaus nicht einer Aufhebung der Ab-
 
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