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Beierwaltes, Werner; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 11. Abhandlung): Marsilio Ficinos Theorie des Schoenen im Kontext des Platonismus: vorgetragen am 28. Juni 1980 — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45488#0039
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Marsilio Ficinos Theorie des Schönen im Kontext des Platonismus

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zu einem Ganzen; deshalb ist sie metaphorisch als die tpiAia der
Welt oder als Sympathie des vielen Einzelnen auf ein Ganzes und
Eines hin gedacht. Diese Problematik nimmt Ficino einmal in dem
Gedanken auf: Gott „durchdringt“ und beherrscht Alles in „wunder-
barer Leichtigkeit“, er verbindet das Gegensätzliche92; Welt ist durch
die freie Selbstentäußerung Gottes (diffusio sui ipsius) Bild oder
Spiegel göttlicher Form, wie zuvor gesagt: die schöne Erscheinung
absoluter Schönheit93. Sozusagen als Konkretion und Vermittlung
dieses universalen göttlichen Wirkens denkt Ficino zum anderen die
Universal-Seele als den Einheit stiftenden Grund der Welt: et quia
ipsa vera est universorum connexio, dum in alia migrat, non
deserit alia, sed migrat in singula, ac semper cuncta conservat, ut
merito dici possit centrum naturae, universorum medium, mundi
series, vultus omnium nodusque et copula mundi94. Näherhin ist die
gewirkte Einheit hier zu verstehen als Verbindung (connexio, copula,
conspiratio)95 des Einzelnen untereinander auf den Ursprung hin,
von dem das Gegründete nie total trennbar ist. In dieser auf Einheit
hin ordnenden, die Differenz des Einzelnen dennoch bewahrenden
Wirkung der Welt-Seele ist die Kontinuität ((wve/eia) des Seienden
insgesamt, dessen lückenloser Bezug zum absoluten Anfang begrün-
det. Als eine Form von Prinzip-gerichteter Einheit besteht Konti-
nuität demnach aufgrund der formenden Omnipräsenz einer Seele

92 PT II 6; I 86: penetrare per omnia. II 13; 120: conciliare invicem repugnantia.
121: gubemat autem quaelibet facilitate mirabili.
93 Diffusio (se diffundere: PT XII 3; II 162) in sachlicher Verbindung.zur Be-
stimmung der prima causa oder des bonum als „diffusivum sui“. Der „neupla-
tonische“ Ursprung dieser Formel ist bei Thomas von Aquin, De veritate, qu. 21,
art. 1,4 angedeutet: Praeterea, ut potest accipi ex dictis Dionysii in IV cap. de
div. Nomin., bonum est diffusivum sui esse. Vgl. ferner: Summa contra gentiles
I 37; III 24. Bonaventura, Itinerarium VI 2. Ps.-Dion. Areopagita, de div. nom.
IV 1; PG 3, 694 B. PT II 7; I 92: Summa bonitas ... sese communicat. II 11;
108: Welt als similitudo Gottes, der sich „gleichsam als eigentümlichen Grund
aller Formen begreift“. In bezug auf Ordnung und Schönheit der Welt: Ipse
vero decor est ipse Deus, a quo et per quem omnia decentia fiunt (PT II 12;
113). II 7; 96: Vestigium. Ebd. 95: Speculum. XII 4; II 166.
94 PT III 2; I 142.
95 PT IV 1; I 161: Conspirare, conspiratio, II 7; 96: Agentia vero plurima et diversa
in unum opus, quod est esse, non conspirant, nisi quia ipsa sunt unum.
 
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