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Giovannini, Adalberto; Gottlieb, Gunther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 7. Abhandlung): Thukydides und die Anfaenge der athenischen Arche — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45484#0010
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Adalberto Giovannini - Gunther Gottlieb

(Übersetzung von G. P. Landmann) „Auf diese Weise bekamen die Athener
die Führung, mit Zustimmung der Verbündeten, weil Pausanias verhaßt war,
und setzten nun fest, welche Städte Geld gegen den Barbaren beisteuem soll-
ten und welche Schiffe - denn das Vorgeben war: Vergeltung erlittener Unbill
durch Verwüstung des königlichen Landes. Damals setzten die Athener zuerst
die Behörde der Schatzmeister von Hellas ein, den Beitrag zu empfangen (so
nannte man die Geld-Beisteuer). Der erste Beitrag, der umgelegt wurde, betrug
vierhundertsechzig Talente; als Schatzhaus wählten sie Delos, und dort im
Heiligtum waren auch ihre Versammlungen.“
Der Bericht ist nicht nur äußerst knapp; er läßt vor allem gar nicht erken-
nen, daß beim Hegemoniewechsel, wie man unterschiedslos meint, ein
neues Bündnis entstanden ist. Das fällt besonders auf, wenn man diese
Stelle mit Herodots Bericht über die Gründung des Hellenenbundes im
Jahre 481 vergleicht5:
„Als sich die Hellenen versammelten, die bezüglich Hellas besser gesinnt waren,
und sich miteinander berieten und gegenseitig Eide leisteten, da beschlossen
sie, vor allen Dingen alle Feindschaft und die Kriege, die sie miteinander
führten, zu beenden.“
Obwohl Herodots Text noch kürzer ist als der des Thukydides, läßt er
eindeutig erkennen, daß die Hellenen, die sich 481 am Isthmos versam-
melt hatten, dort ein neues Bündnis schlossen: Sie haben beraten (έδόκεε
βουλευομένοισι αύτοΐσι), haben sich über die Bedingungen des Ver-
trages geeinigt und gegeneinander eidlich verpflichtet (διδόντων σφίσι
λόγον καί πίστιν). Herodot versäumt es auch nicht, eine der wichtig-
sten, wenn nicht die wichtigste Klausel des Bündnisses überhaupt, mit-
zuteilen, daß nämlich die Verbündeten sämtliche Feindseligkeiten unter-
einander einstellen sollten. Im Bericht des Thukydides über den Wechsel
des Oberbefehls (der Hegemonie) von den Lakedaimoniem auf die Athe-
ner fehlt Vergleichbares. Wir erfahren nichts über Bestimmungen, wel-
che die Rechte und Pflichten der Verbündeten festgelegt hätten, wie
zum Beispiel: das Verbot, gegeneinander Krieg zu führen, die Verpflich-
tung, an allen Feldzügen teilzunehmen, und die Gewährleistung der
Autonomie (vgl. unten S. 28ff.). Vor allem vermissen wir jeden Hinweis
auf den Eid, den wesentlichen und unentbehrlichen Bestandteil eines je-
den Bündnisses6. WasThukydides wirklich bietet, sind konkrete Angaben
5 Hdt. VII 145,1: συλλεγομένων δέ ές τώυτό των Ελλήνων των περί τήν Ελλάδα
τά άμείνω φρονεόντων καί διδόντων σφίσι λόγον καί πίστιν, ένθαϋτα έδόκεε
βουλευομένοισι αύτοΐσι πρώτον μέν χρημάτων πάντων καταλλάσσεσθαι τάς
τε έχθρας καί τούς κατ’ άλλήλους έόντας πολέμους.
6 Vgl. G. Ε. Μ. de Sie. Croix, The Origins of the Peloponnesian War 300: „Every
Greek alliance was above all what its oaths made it“.
 
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