Thukydides und die Anfänge der athenischen Arche
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(I 96,1); έπ’ έλευθερώσει από του Μήδου (III 10,3); ώς έπί του Μήδου
τιμωρία (VI 76,3). Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied: denn
waren die Perser das von den Verbündeten vereinbarte Ziel des Ver-
trages, dann konnten sie von den Athenern nur gegen die Perser mobili-
siert werden und waren zur Heeresfolge nur so lange verpflichtet, als
kein Friede mit den Persern zustande gekommen war25. Wenn wir hin-
gegen dem Aristoteles glauben sollen, konnten sie gegen alle möglichen
Feinde - auch gegen andere Hellenen - zum Krieg aufgeboten werden26.
Die historischen Konsequenzen der Alternative liegen auf der Hand.
Dieser schwerwiegende Widerspruch zwischen Thukydides und Aristo-
teles wird gewöhnlich übergangen. In der Regel wird der delisch-atti-
sche Seebund als ein ewiges Bündnis angesehen, dessen Mitglieder sich
verpflichtet hatten, denselben Freund und Feind zu haben27. Manchmal
wird umgekehrt das Zeugnis des Aristoteles verworfen28 oder gänzlich
ignoriert29. Von den wenigen, die das Problem wirklich sehen, lassen
V. Martin und Ed. Will die Frage offen30. G. E. Μ. de Ste. Croix kombi-
niert beides31, während R. Meiggs darin nur ein literarisches Problem
sieht32.
So kann man die Schwierigkeit nicht aus dem Wege räumen: ent-
weder haben die Verbündeten geschworen, den Athenern auf ewige Zeit
gegen alle möglichen Feinde zu folgen; oder sie haben sich nur für den
25 Die Frage, ob es primär um die Befreiung der hellenischen Städte oder um die
Bestrafung der Perser geht, ist in diesem Zusammenhang ziemlich irrelevant.
S. dazu R. Sealey, Studies Ehrenberg (Oxford 1966) 237ff.; Η. H. Jackson, The
Original Purpose of the Delian League, Historia 18 (1969) 12-16; H. R. Raw-
lings, Thucydides on the Purpose of the Delian League, Phoenix 31 (1977) 1-8;
K. Raaflaub, Beute, Vergeltung, Freiheit? Zur Zielsetzung des Delisch-Attischen
Seebundes, Chiron 9 (1979), Iff.
26 Zur Bedeutung der Formel „denselben Freund und Feind zu haben“ siehe jetzt
G. E. Μ. de Ste. Croix, The Origins of the Peloponnesian War 298-302.
27 S. außer der oben (Anm. 1) zitierten Literatur etwa G. Glotz, Histoire grecque II
(Paris 1929) 114; H. Bengtson, Gr. Gesch.5 (München 1977) 192 und Staats-
verträge II (München 1962) Nr. 132; P. R. Brunt, Historia 2 (1953/4) 149f.
28 So G. Busolt, Gr. Gesch. III 1 (Gotha 1897) 72 Anm. 2 und G. Busolt-H. Swo-
boda, Gr. Staatskunde (München 1926) 1340 Anm. 6.
29 So R. Sealey, Studies Ehrenberg (Oxford 1966) 237 ff.
30 V. Martin, La vie internationale dans la Grece des cites (Paris 1940) zweifelt
S. 152 Anm. 1 an der „Formel“ „den gleichen Freund und Feind zu haben“,
scheint aber dieselbe S. 373 anzunehmen; Ed. Will, Le monde grec et l’Orient I
(Paris 1972) 131f. entscheidet sich nicht.
31 The Origins of the Peloponnesian War (1972) 298-303.
32 The Athenian Empire (1972) 45.
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(I 96,1); έπ’ έλευθερώσει από του Μήδου (III 10,3); ώς έπί του Μήδου
τιμωρία (VI 76,3). Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied: denn
waren die Perser das von den Verbündeten vereinbarte Ziel des Ver-
trages, dann konnten sie von den Athenern nur gegen die Perser mobili-
siert werden und waren zur Heeresfolge nur so lange verpflichtet, als
kein Friede mit den Persern zustande gekommen war25. Wenn wir hin-
gegen dem Aristoteles glauben sollen, konnten sie gegen alle möglichen
Feinde - auch gegen andere Hellenen - zum Krieg aufgeboten werden26.
Die historischen Konsequenzen der Alternative liegen auf der Hand.
Dieser schwerwiegende Widerspruch zwischen Thukydides und Aristo-
teles wird gewöhnlich übergangen. In der Regel wird der delisch-atti-
sche Seebund als ein ewiges Bündnis angesehen, dessen Mitglieder sich
verpflichtet hatten, denselben Freund und Feind zu haben27. Manchmal
wird umgekehrt das Zeugnis des Aristoteles verworfen28 oder gänzlich
ignoriert29. Von den wenigen, die das Problem wirklich sehen, lassen
V. Martin und Ed. Will die Frage offen30. G. E. Μ. de Ste. Croix kombi-
niert beides31, während R. Meiggs darin nur ein literarisches Problem
sieht32.
So kann man die Schwierigkeit nicht aus dem Wege räumen: ent-
weder haben die Verbündeten geschworen, den Athenern auf ewige Zeit
gegen alle möglichen Feinde zu folgen; oder sie haben sich nur für den
25 Die Frage, ob es primär um die Befreiung der hellenischen Städte oder um die
Bestrafung der Perser geht, ist in diesem Zusammenhang ziemlich irrelevant.
S. dazu R. Sealey, Studies Ehrenberg (Oxford 1966) 237ff.; Η. H. Jackson, The
Original Purpose of the Delian League, Historia 18 (1969) 12-16; H. R. Raw-
lings, Thucydides on the Purpose of the Delian League, Phoenix 31 (1977) 1-8;
K. Raaflaub, Beute, Vergeltung, Freiheit? Zur Zielsetzung des Delisch-Attischen
Seebundes, Chiron 9 (1979), Iff.
26 Zur Bedeutung der Formel „denselben Freund und Feind zu haben“ siehe jetzt
G. E. Μ. de Ste. Croix, The Origins of the Peloponnesian War 298-302.
27 S. außer der oben (Anm. 1) zitierten Literatur etwa G. Glotz, Histoire grecque II
(Paris 1929) 114; H. Bengtson, Gr. Gesch.5 (München 1977) 192 und Staats-
verträge II (München 1962) Nr. 132; P. R. Brunt, Historia 2 (1953/4) 149f.
28 So G. Busolt, Gr. Gesch. III 1 (Gotha 1897) 72 Anm. 2 und G. Busolt-H. Swo-
boda, Gr. Staatskunde (München 1926) 1340 Anm. 6.
29 So R. Sealey, Studies Ehrenberg (Oxford 1966) 237 ff.
30 V. Martin, La vie internationale dans la Grece des cites (Paris 1940) zweifelt
S. 152 Anm. 1 an der „Formel“ „den gleichen Freund und Feind zu haben“,
scheint aber dieselbe S. 373 anzunehmen; Ed. Will, Le monde grec et l’Orient I
(Paris 1972) 131f. entscheidet sich nicht.
31 The Origins of the Peloponnesian War (1972) 298-303.
32 The Athenian Empire (1972) 45.