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Giovannini, Adalberto; Gottlieb, Gunther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 7. Abhandlung): Thukydides und die Anfaenge der athenischen Arche — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45484#0023
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Thukydides und die Anfänge der athenischen Arche 21
Wenn dem so ist, dann verschwindet jede Spur einer Eidesleistung
beim Hegemoniewechsel im J. 478/7. Wir bleiben bei dem, was uns Thu-
kydides über den Hegemoniewechsel berichtet. Seine Darstellung läßt
aber, wie wir oben dargelegt haben, die Gründung eines neuen Bundes-
verhältnisses gar nicht erkennen. Zweifel entstehen somit über die bis-
her als selbstverständlich geltende Vorstellung über die Anfänge der
athenischen Arche: Ist beim Hegemoniewechsel im J. 478/7 wirklich ein
neuer Bund entstanden? Ist der Hegemoniewechsel nicht einfach im
Rahmen des Hellenenbundes des J. 481 erfolgt40? Ist der sog. delisch-
attische Seebund nicht einfach die Fortsetzung des Hellenenbundes von
48141?
III. Die Terminologie
Thukydides hat die Ereignisse von 478 nur als den Übergang der Hege-
monie zur See von den Lakedaimoniern auf die Athener beschrieben.
Wir müssen daher nachprüfen, ob in der Terminologie, die zur Bezeich-
nung der Verbündeten vor und nach 478/7 verwendet wird, irgendeine
Änderung festgestellt werden kann, die auf die Entstehung eines neuen
Bündnisses schließen ließe.
Die wissenschaftliche Literatur spricht in der Regel vom delisch-
attischen Seebund, ohne zu fragen, wie die Griechen dieses von ihr ange-
nommene Bündnis nannten42. Soweit man sich Gedanken gemacht hat
40 So V. Martin, La vie internationale 151 Anm. 2: „Pour eux (d.h. die Griechen)
le transfert de l’hegemonie est une affaire interieure de la coalition (gemeint ist
der Hellenenbund von 481)“. Allerdings glaubt V. Martin, S. 152 Anm. 1, wie
alle anderen, daß damals Eide ausgetauscht wurden.
41 Aus Plut., Arist. 21,1 hat J. A. O. Larsen entnommen, daß nach der Schlacht
bei Plataeae der Hellenenbund von 481 in ein anderes Bündnisverhältnis ver-
wandelt wurde (CI. Ph. 28 [1933] 262-265 und Harv. St. 51 [1940] 176-179).
Diese These kann nicht aufrechterhalten werden. Denn selbst wenn der Vor-
schlag, den Plutarch dem Aristeides zuschreibt, daß die Hellenen sich jedes Jahr
in Plataeae treffen sollten, historisch ist, verlautet in diesem Bericht über ein
neues Bündnis und einen Eid überhaupt nichts. Die Hypothese von Larsen hat
auch in der Forschung keinen Anklang gefunden.
42 Siehe für alle die größere, im übrigen sehr lesenswerte und methodisch und
sachlich anregende Arbeit von W. Schuller, Die Herrschaft der Athener im
ersten attischen Seebund (Berlin 1974) 1 Anm. 1: Man habe darauf verzichtet,
für den Seebund eine einheitliche, vielleicht präjudizierende Bezeichnung zu
wählen. Oder R. Sealey, A History of the Greek City States (1976) 235, wo die
konventionelle Meinung deutlich wird mit dem Satz: ,,. . . in 478/7 the Athe-
nians founded a new league, the Delian League (the name is modern)“.
 
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