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Giovannini, Adalberto; Gottlieb, Gunther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 7. Abhandlung): Thukydides und die Anfaenge der athenischen Arche — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45484#0033
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Thukydides und die Anfänge der athenischen Arche 31
Im Hellenenbund bedeutete die Hegemonie für die Lakedaimonier vor
allem, daß sie den Oberbefehlshaber der Landtruppen und den Ober-
befehlshaber der Flotte stellten; ferner oblag ihnen die Initiative bei der
Einberufung des Aufgebots der Verbündeten und bei der Kriegführung.
Im übrigen wurden die Entscheidungen in Zusammenarbeit zwischen
Hegemon und Bundesrat getroffen, so daß es kaum möglich ist fest-
zustellen, inwieweit der Hegemon seine Pläne den anderen Bundesglie-
dem aufzwingen konnte94. Die Übertragung der Hegemonie an die
Athener änderte daran zumindest anfangs nichts. Nach 477 haben die
Athener den Oberbefehlshaber der Flotte, wie vorher die Lakedaimonier,
selbständig bestimmt95; sinngemäß sind die Athener ebenfalls von An-
fang an die Verwalter der Kriegskasse gewesen96. Außerdem wurden
die Entscheidungen, wie bisher im Hellenenbund, από κοινών ξυνόδων
(Thuk. I 97,1) getroffen. Die einzige Neuerung ist, daß die Pflichten
eines jeden Bundesgenossen systematisch festgelegt wurden97. Dazu war
aber ein neuer Bündnisvertrag keineswegs erforderlich; denn die Ver-
bündeten hatten ja den Krieg gegen die Perser längst beschlossen und
sich eidlich verpflichtet, daran teilzunehmen. Mit der Festlegung des
Phoros und der zu stellenden Schiffe wurde diese allgemeine Verpflich-
tung normalisiert und in Zahlen ausgedrückt. Es war eine administra-
tive Regelung, keine Gründung eines neuen Prinzips98.
So bleibt der Hegemoniewechsel selbst die einzige, aber dafür ganz
wesentliche Änderung. Im J. 481 hatten die Hellenen die Hegemonie zu

Entscheidungen der Zustimmung des Hegemons und der Mehrzahl der Bundes-
glieder bedurften (so N. G.L. Hammond, JHS 87 [1967] 51f. und 60f. G. E. Μ. de
Ste. Croix, The Origins of the Peloponnesian War 303-307). Uns scheint die
erste Alternative wahrscheinlicher.
94 Nach P. R. Brunt, Historia 2 (1953/4) 140f. war die Stellung Spartas im Hellenen-
bund viel schwächer als im Peloponnesischen Bund.
95 Vgl. W. Schuller, Die Herrschaft der Athener 37-39.
96 S. dazu A. G. Woodhead, The Institution of the Hellenotamiai, JHS 79 (1959)
149-152 und W. Schuller, Die Herrschaft der Athener 36f.
97 Nach Plut. Arist. 24,1 hätten die Lakedaimonier im J. 481 den Verbündeten einen
festen Phoros auferlegt. Dies ist nicht sehr wahrscheinlich und ist von P. R. Brunt,
Historia 2 (1953/4) 138 mit guten Gründen angezweifelt worden. Denn im J. 481
war die Abwehr der persischen Invasion ein Kampf um Leben und Tod, wo sich
jeder mit allen Kräften eingesetzt haben wird. Eine genaue Verteilung der Kriegs-
kosten war damals nicht erforderlich, zumal eine Fortsetzung des Krieges nach
der Abwehr der Perser offenbar nicht vorgesehen war.
98 So richtig P. R. Brunt, Historia 2 (1953/4) 157f.
 
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