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Alföldy, Géza; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 8. Abhandlung): Die Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft des Roemischen Kaiserreiches: Erwartungen u. Wertmassstäbe ; vorgetragen am 1. Dezember 1979 — Heidelberg: Winter, 1980

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.45485#0018
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Geza Alföldy

digem und Einzigartigem erwartet wurde. Die Zahl dieser Wendungen
ist begrenzt, und sie sind miteinander keinesfalls beliebig austausch-
bar. Die am stärksten verbreiteten Wendungen dieser Art sind
folgende:
1. Hinweise auf den Raritätswert und exemplarischen Charakter
von Verhaltensweisen und Leistungen. Sowohl in Ehren- als auch in
Grabinschriften ist im Zusammenhang mit dem Verhalten des Ge-
ehrten oder des Verstorbenen gegenüber seinen Mitmenschen in
vielen Fällen von der raritas die Rede. Am häufigsten erscheint das
Adjektiv rarus im Superlativ auf den betreffenden Menschen selbst
bezogen: coniux rarissimus, femina rarissima, pater rarissimus, filius
rarissimus, homo rarissimus, rarissimus civis, patronus rarissimus,
praeses rarissimus34 u. ä. Worin die 'Rarität’ dieser Einzelpersonen be-
gründet ist, läßt sich ohne Zweifel erkennen: Sie beruht immer auf
Tugenden. Denn in den Inschriften wird zugleich sehr oft auch von
den virtutes dieser 'seltenen’ Menschen gesprochen, etwa von ihrer
pietas, sanctitas, munificentia, oder aber auch von ihren merita und
ihrer dadurch verständlichen fama35. Weiterhin gibt es auch eine statt-
liche Anzahl von Texten, in denen das Adjektiv unmittelbar eine
Tugend des geehrten oder verstorbenen Menschen bezeichnet, z. B.
dessen adfectio, castitas, pietas, probitas, sanctitas oder sapientia
rara oder rarissima36 - ähnlich wie auch die Autoren, z. B. Tacitus
im Agricola, bei der Charakterisierung von Einzelpersonen etwa von
deren rara castitas oder rarissima moderatio sprechen37 38. Auffallend ist
weiterhin die starke Bindung dieses Adjektivs an das Wort exem-
plum, ersichtlich an Wendungen wie z. B. uxor rarissimi exempli,
rari exempli femina, rarissimi exempli filius oder gar filius rarissimi
exempli pietatis3*; Ein 'Exempel’ wird immer durch die vorbildliche
34 Beispiele für die einzelnen angeführten Formulierungen: CIL X 1875; CIL V4349;
CIL XI 6452; CIL X 2205; CIL X 2812; CIL ΧΊ 379 = ILS 6664; CIL XI 378 -
ILS 1381; CIL V 4344. Sonst siehe etwa die Liste der Belege in CIL VIII,
Ind. 3, p. 344f.
35 Beispiele: CIL X 1091 (fama, pietas); CIL V 4344 (sanctitas); CIL XI 379 -
ILS 6664 (munificentia); CIL XI 3030 (merita).
36 Beispiele: CIL X 4861 = ILS 1136 (adfectio pietasque); CIL IX 1893 (castitas);
CIL IX 2349 (pietas); CIL IX 2228 (probitas et sapientia); CIL X 325 (sanctitas).
37 Tac., Agr. 4,2 und 7,6.
38 Beispiele für die angeführten Formulierungen: CIL II 4146 = G. Alföldy, Die
römischen Inschriften von Tarraco (Berlin 1975) Nr. 176; CIL XIV3968; CIL X 379;
CIL X 4728. Vgl. sonst etwa die Liste der Belege in CIL VIII, Ind. 3, p. 342.
Zur Bedeutung des exemplum in der römischen Ethik siehe H. W. Litchfield,
 
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