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Alföldy, Géza; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 8. Abhandlung): Die Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft des Roemischen Kaiserreiches: Erwartungen u. Wertmassstäbe ; vorgetragen am 1. Dezember 1979 — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45485#0022
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Geza Alföldy

waren entsprechende Formulierungen - die über die Verwendung
von Superlativen hinausgingen - zunächst kaum üblich: Im 1. und
im 2. Jahrhundert drückte man sich selten so aus wie in einer In-
schrift aus Collippo, in der Antoninus Pius als optimus ac sanctissi-
mus omnium sae<\u]lomm princeps gerühmt wurde36. Unter Caracalla
wurde dann ein neues Formular erfunden, welches sich bis in die
späte Kaiserzeit behauptete: Der Kaiser wurde seither offiziell als super
omnes principes - oder gar super omnes retro principes - felix, feli-
cissimus, fortissimus, indulgentissimus, invictus, invictissimus, nobilissi-
mus, piissimus, victoriosissimus u. ä. gerühmt56 57 58 59. Hiermit wurde also der
jeweilige Herrscher bewußt von allen seinen Vorgängern unter-
schieden - wobei aber das Unterscheidungsmerkmal bezeichnender-
weise in der angeblich nie vorher erreichten Vollkommenheit der
traditionellen, allgemein gültigen Tugenden erblickt wurde. Eine ähn-
liche Betrachtung der Unübertrefflichkeit war auch in breiteren
Kreisen nicht unbekannt: Vor allem in der späten Kaiserzeit
schmeichelte man Reichsbeamten und Vestalinnen nicht selten so,
daß sie in der Tugend über alle ihre Vorgänger gestellt wurden,
etwa mit den Worten praeteritorum iudicum exempla virtutibus omni-
bus supergressus5i bzw. als super omnes retro religiosissima purissima
castissima^; doch erscheinen als homo super omnes fidelissimus, als
coniux ... super [omnes fe]minas castis[sima] gelegentlich auch Men-
56 CIL II 5232 = ILS 6898; siehe auch CIL XII 594 (cf. p. 815) = ILS 6988 mit
omnium sdec[ulor]um sacrdtissimus princeps, ebenfalls für Antoninus Pius. Vgl.
dazu F. Taeger, Charisma II 392, ferner R. Frei-Stolba, Mus. Helv. 26, 1969, 34f.
57 Zu dieser Form der Kaisertitulatur siehe G. Alföldy, JÖAI 47, 1964/65, Beibl.
207ff., bes. 213 mit Beispielen. Als Vorläuferin dieser Titulatur kann etwa die
Lobpreisung des Kaisers Marcus in der Form omnes omnium ante se maximorum
imperatorum glorias supergressus gelten: CIL VI 1014 (31225) = ILS 374. Ähnlich
heißt es aber auch noch von Theodosius L: \ve\terum principum clementiam,
[sdpictitudinem, munificentiam supergressus, siehe CIL VI 1186 = ILS 2945.
58 CIL IX 1576 = ILS 1239. Ähnlich etwa CIL VI 1696 über einen Stadtpräfekten
mit der Wendung omnium retro praefecto[rum] industriam supergressus', CIL VI
32051 über einen spätrömischen Konsul mit der Wendung cunctarumqguei digni-
ta[t]um fastigia faborabili (sic) moderatione supergressus', CIL II 4112 -
G. Alföldy, Die römischen Inschriften von Tarraco Nr. 155 über einen spät-
römischen Provinzstatthalter mit der Wendung su\per] omnes reliqu[os\ praesides
iustissimus', CIL VI 1724 = ILS 2950 über den comes sacri consistorii Flavius
Merobaudes mit der Wendung facundia vel otiosorum studia supergressus.
59 CIL VI 2134 sowie 32419; vgl. auch CIL VI 2137 = ILS 4936 mit super omnes
retro maximas religiosissima sowie CIL VI 32420 = ILS 4937 (über dieselbe
Priesterin) mit super omnes piissima.
 
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