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Alföldy, Géza; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 8. Abhandlung): Die Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft des Roemischen Kaiserreiches: Erwartungen u. Wertmassstäbe ; vorgetragen am 1. Dezember 1979 — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45485#0028
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Geza Alföldy

diesem Schema werden nicht nur Eigenschaften, Sitten und routine-
mäßige Aktivitäten der Kaiser bewertet, sondern in erster Linie
gerade das, was sie jeweils als erste in der Geschichte Roms oder des
Kaisertums taten. Wenn etwa Tacitus zu Vespasians Proklamation
vermerkt, ambigua de Vespasiano fama, solusque omnium ante se
principum in melius mutatus est16, dann verrät uns der Historiker
deutlich, was ihn an diesem einzigartigen Wandel einer Persönlich-
keitsstruktur interessiert und woran er den einmaligen Wandel mißt:
Es ist das Verhältnis des herausragenden Einzelnen zum Wert-
system Roms. Mit entgegengesetzter Konsequenz, jedoch nach dem
gleichen Denkmodell zeigt der in den Annalen zitierte Spruch des
C. Passienus Crispus über die Haltung Caligulas unter Tiberius, wie
gleich zwei Herrscher vor den Werten Roms einmalig versagten:
neque meliorem umquam servum neque deteriorem dominum fuisse '.
Von Sueton ließe sich ein ganzes Bündel ähnlicher Äußerungen zi-
tieren - so etwa über Germaniens, dem alle corporis animique virtutes
in einem solchen Maße zufielen wie nemini cuiquam, oder über Titus,
der abstinuit alieno, ut si quis umquam™. Es ist aber vor allem die
Historia Augusta, die uns mit einem Katalog historischer 'Erst-
leistungen’ römischer Kaiser überrascht - nämlich mit mehr als 60
Stellen, in denen wiederholt davon die Rede ist, was dieser oder
jener Herrscher als solus omnium principum, als primus unter den
Kaisern oder gar unter allen Römern leistete oder bewirkte; welche
Taten er vollbrachte, was nemo usquam principum, neque quisquam
principum oder gar nemo veterum - oder zumindest niemand unter
den Zeitgenossen - fertiggebracht hatte76 77 78 79. Manchmal scheinen diese
Stellen nur von einem oberflächlichen Interesse des Autors für Ku-
riositäten zu zeugen. Im ganzen betrachtet ist aber der Bezug dieser
Hinweise zum römischen Wertsystem aufgrund der Vorstellungen
76 Tac., Hist. 1,50,4.
77 Tac., Ann. 6,20,1.
78 Suet., Cal. 3,1; Tit. 7,3. Weitere ähnliche Stellen bei Sueton: Caes. 24,3 und
26,2; CI. 21,1; Vesp. 18; D 13,3.
79 Ich möchte darauf nicht verzichten, diese Stellen anzufuhren: H 11,1; 11,2; 20,6;
22,8; 24,2; Ael. 1,2; 2,1; 2,3; 5,13; AP 3,2; 8,5; 9,10; 13,4, vgl. auch 7,3; MA 9,7;
10,2; 10,11; V 1,6; AC 4,3; P 5,5; S 4,1; 5,2; 12,2; PN 10,9; CIA 12,1; Cc 9,10f.;
G 2,5; Hel. 4,2; 17,6; 19,1; 19,3 (bis); 19,4; 19,6 (bis); 22,3; 25,3; 26,1; 29,5,
vgl. auch 33,6; AS 2,4; 7,4; 25,5; 25,7; 63,2, vgl. auch 10,4; Max. 3,5; 13,2;
Gd. 2,3; 4,4; 5,5; MB 9,5; Gall. 1,4; T 6,6; CI. 16,1; A 5,6; 7,4; 46,5; 46,6; 48,5;
Pr. 10,8; Q 14,2.
 
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