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Alföldy, Géza; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 8. Abhandlung): Die Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft des Roemischen Kaiserreiches: Erwartungen u. Wertmassstäbe ; vorgetragen am 1. Dezember 1979 — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45485#0033
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Die Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft

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vent als erster die orchestopale einfuhrte, oder jener Priester Hadrians
in Ostia, der als solus acprimus Theaterspiele während der Ausübung
dieses Priesteramtes finanzierte, oder jener Mann, der in Super-
aequum als erster beim Heiligtum der Dea Pelina Tierspiele ver-
anstaltete92. Der Eifer, mit dem man unbedingt irgendetwas Erst-
maliges vollbringen wollte, ist nicht zu verkennen: Es wird stolz be-
tont, welcher Bürger in dieser oder jener Stadt als primus omnium
editorum den Aufwand von fünf Löwinnen finanzierte, wer als erster
vier Gladiatorenpaare, wer als primus omnium exhibi[torum] sogar
fünf Gladiatorenpaare auftreten ließ, und wer als primus et solus sieg-
reiche Gladiatoren aufbot93. Dies ist der gleiche Stolz auf Freigebig-
keit, der aus den Worten des Dion von Prusa spricht, wenn er be-
hauptet, seiner Heimatstadt größere Zuschüsse gezahlt zu haben als
jeder andere Bürger94. Nur selten vernehmen wir erstmalige Taten,
die nicht auf den Wert der liberalitas fixiert sind: Es sind am ehesten
erstmalige sportliche Leistungen95, nur in ganz vereinzelten Fällen
etwa intellektuelle Verdienste wie z.B. diejenigen eines dreizehnjährig
verstorbenen Sklaven, der nicht nur besser als andere rechnen konnte,
sondern über seine Rechenkunst als erster sogar commentarii
verfaßte96.
Für viele ehrgeizige Römer der Kaiserzeit eröffneten sich freilich
keine Chancen aufgrund von liberalitas und Leistung mit etwas Erst-
maligem zu protzen. Jedoch gab es für viele einen anderen Bereich
für das Erstmalige und das Einmalige, den wir schon durch die Res
Gestae kennen: Ehre, Ansehen, Ruhm, Rang. Es erfüllte jeden mit
großem Stolz, behaupten zu können, daß er als erster ein bestimm-
tes Amt, einen bestimmten Rang oder eine bestimmte Ehrung über-
haupt erhielt oder diese als erster unter ganz speziellen Voraussetzun-
gen erlangte. So werden Senatoren gerühmt, daß sie als erste die
92 CIL IX 1663 = ILS 5179; CIL XIV 353 (Cf. Suppl. p. 690) = ILS 6148
sowie CIL XIV 4642; CIL IX 3314 = ILS 5056.
93 CIL IX 2237 = ILS 5060; CIL IX 4208; CIL IX 4976; CIL X 1795 = ILS 1401.
94 Dion, Or. 46,6.
95 Siehe etwa CIL VI 10048 = ILS 5287 und dazu ausführlich F. Drexel, in: L. Fried-
laender - G. Wissowa, Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms9'10 (Leipzig
1921) IV 185ff.; IGRR III 370; ebd. 1012. Siehe ferner bes. CIL III 3676
(cf. p. 1041) = ILS 2558 mit dem Gedicht über den batavischen Reiter, der im
Beisein Hadrians als erster in voller Ausrüstung die Donau durchschwommen
hat und sagt: exemplö mihi sum primus qui talia gessi.
96 CIL XIV 472 (cf. Suppl. p. 615) = ILS 7755.
 
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