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Alföldy, Géza; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 8. Abhandlung): Die Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft des Roemischen Kaiserreiches: Erwartungen u. Wertmassstäbe ; vorgetragen am 1. Dezember 1979 — Heidelberg: Winter, 1980

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.45485#0045
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Die Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft

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immer nur diejenigen vollbringen, die durch ihren Reichtum zur Ober-
schicht gehörten - der Herrscher und seine Angehörigen, die Mit-
glieder des ordo senatorius und des ordo equester, die städtischen
Magistrate und Dekurionen, die in den Sevir- und Augustaliskörper-
schaffen zusammengefaßten reichen Freigelassenen der Städte142.
Auch die 'singuläre’ Verwirklichung von Tugenden scheint nicht als
jedermanns Sache aufgefaßt worden zu sein: Eigentümlicherweise ist
das Adjektiv singularis - welches, wie erwähnt, fast immer auf Tugen-
den und nicht unmittelbar auf Taten bezogen ist - innerhalb des
epigraphischen Materials vorwiegend durch Ehreninschriften und
somit hauptsächlich durch Inschriften für Angehörige der Ober-
schicht, insbesondere der beiden führenden ordines, bezeugt143. Doch
anders verhält es sich mit seltenen, exemplarischen und unvergleich-
baren Verhaltensweisen und Handlungen: Die Hinweise auf den Rari-
tätswert und den exemplarischen Charakter von Menschen und ihren
Verhaltensweisen finden sich zwar auch in Ehreninschriften und somit
häufig im Zusammenhang mit der Lobpreisung der Mitglieder ge-
hobener sozialer Schichten144; jedoch sind diese Hinweise noch häufi-
ger in den Grabinschriften, auch in denjenigen der Masse der niederen
Bevölkerung vorhanden145. Das Wort incomparabilis schließlich ist
ein ganz charakteristischer Ausdruck der sepulkralen Epigraphik und
ist nur selten durch Ehreninschriften bezeugt146; als 'unvergleichbar’
142 Siehe etwa CIL VI 967 = ILS 309, vgl. dazu oben, Anm. 87 (Herrscher);
CIL XI 6054 (Senator); CIL X 1795 = ILS 1401 (Ritter); CIL IX 4976 (Ange-
höriger eines ordo decurionum in ritterlichem Rang); CIL IX 5855 (cf. p. 689)
(sevir Augustalis). Personen niederer Stellung werden aufgrund 'erstmaliger’ oder
'einmaliger’ Spenden oder Stiftungen nur sehr selten gerühmt, so etwa in Ipsca
in der Baetica ein Optatus Reburri Kjbertus), der imapinem) Caestaris) AugCusti)
... primus d(e) s(ud) p(ecunid) d(edit), CIL II 1569 (cf. p. 871).
143 Siehe etwa CIL V 8987 (8658) = ILS 755 (Herrscher); CIL IX 688 (Senator);
CIL XI 5270 (Frau senatorischen Ranges); CIL XIV 170 = ILS 1433 (Ritter).
Schon in den Inschriften der Angehörigen des ordo decurionum der einzelnen
Städte ohne ritterlichen Rang findet sich dieses Adjektiv nur sehr selten, so etwa
in CIL X 3764 = ILS 6341. In den Grabinschriften von Personen niederer
sozialer Stellung kommt es ebenfalls nur sehr selten vor, so etwa in CIL V
4029; CIL V 4720; CIL V 8722 = ILS 7758.
144 Siehe etwa CIL V 4344 (Senator); CIL V 4349 (Frau senatorischen Ranges);
CIL X 482 = ILS 6449 (Ritter); CIL X 1785 = ILS 6333 (Frau eines Ritters).
145 Siehe z. B. CIL II 2644 (Ehefrau eines kaiserlichen Sklaven); CIL X 325 (libertdy,
CIL X 2377 (offensichtlich eine Sklavin).
146 So etwa CIL IX 340; CIL X 521 = ILS 6325; CIL X 1784 = ILS 6334;
CIL XI 6335 (cf. p. 1399) = ILS 7218; CIL XIV 2299 = ILS 5206.
 
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