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Alföldy, Géza; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 8. Abhandlung): Die Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft des Roemischen Kaiserreiches: Erwartungen u. Wertmassstäbe ; vorgetragen am 1. Dezember 1979 — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45485#0048
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Geza Alföldy

Severem, vertieft durch die Katastrophen um die Mitte des 3. Jahr-
hunderts und auslaufend in der Restaurationsperiode von den letzten
Jahren des Gallienus bis Diokletian und Konstantin dem Großen.
Es ist unverkennbar, daß hier ein Zusammenhang besteht, ebenso wie
zwischen der Geschichte der erwähnten Epoche und den gleichzeiti-
gen restaurativen Strömungen in der römischen Religion151. Der for-
cierte Rückgriff auf die alten Werte Roms ist als eine Antwort der
römischen Gesellschaft auf die Herausforderung durch die Krise des
Imperium Romanum zu betrachten: Hier wurde der Schein einer zu-
mindest moralisch heilen Welt erweckt, in der die Menschen Roms
Tradition gegenüber treu sind und für die Pflege dieser Tradition
ihr Bestes tun. Wir gehen wohl auch in der Annahme nicht fehl,
daß die Betonung der alten ethischen Werte, ebenso wie die Be-
tonung der Treue zur alten römischen Religion, keine reine Propa-
ganda war, sondern den maßgebenden Kräften des Widerstandes
und der Restauration, nämlich der militärisch-politischen Führungs-
schicht, dem Heer und den die Armee tragenden höheren und mittle-
ren sozialen Schichten aus den Grenzprovinzen vor allem im Norden
des Reiches, eine Orientierungshilfe gab152 - zumal es gerade diese
sozialen Schichten und Bevölkerungsgruppen waren, bei denen das
Christentum, die entscheidende neue geistige Strömung, vor Konstan-
tin noch kaum Fuß fassen konnte153.
151 Zu diesen restaurativen Tendenzen - parallel mit der starken Verbreitung orien-
talischer Kulte und des Christentums - vgl. bes. F. Altheim, Römische Religions-
geschichte III. Die Kaiserzeit (Berlin-Leipzig 1933) 1311Γ. und in der neueren
Literatur bes. J. Vogt, Zur Religiosität der Christenverfolger im Römischen Reich.
Sitz.-Ber. d. Heidelberger Akad. d. Wiss., Phil.-hist. Kl., Jg. 1962, 1. Abh.
(Heidelberg 1962); neuerdings auch J. H. W. G. Liebeschuetz, Continuity and
Change in Roman Religion (Oxford 1979) 235 ff. für die Zeit Diokletians. Vgl.
auch G. Alföldy, Acta Arch. Hung. 13, 1961, 114ff und 120ff. (religiöser Tradi-
tionalismus in Pannonien im 3. Jahrhundert) sowie Ancient Society 2, 1971,
217f. (Interesse Herodians für die altrömische Religion).
152 Ich kann C. Becker, Wertbegriffe im antiken Rom llf., nicht folgen, nach dem
die alten ethischen Werte Roms bei den Autoren von den augusteischen Schrift-
stellern bis Tacitus noch eine sehr große Bedeutung besessen hätten, in der nach-
folgenden Zeit jedoch rasch zu reinen Schlagworten und zur 'bloßen Hülle’ ab-
gesunken wären.
153 Zur schwachen Christianisierung der Führungsschicht vor Konstantin siehe
W. Eck, Chiron 1, 1971, 381ff und ebd. 9, 1979, 449ff. (mit weiterer Litera-
tur); zur bescheidenen Ausbreitung des Christentums in den nördlichen Provinzen
in der gleichen Epoche siehe etwa A. Möcsy, Pannonia and Upper Moesia.
A History of the Middle Danube Provinces of the Roman Empire (London-
 
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