Der Prolog der ‘Bacchen’
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bende Marschbewegung ab 1104 jedoch eigentlich vorzustellen habe,
wenn schon HOlff. vom Sturm auf die Stadt mit Trompetenschall und
Schlachtruf die Rede ist, bleibt ein Rätsel. Ebensowenig kann man sich
einen Vers darauf machen, daß Amphiaros die Opfertiere, die doch nur
für ein die Schlacht eröffnendes Opfer bestimmt sein können, auf dem
Wagen mitführt (1110), andererseits zu einem solchen Opfer gar keine
Zeit bleibt, wenn schon der Vers 1103 vom Sturm auf die Mauern er-
zählt4.
Die Schlachtschilderung von 1141 an enthält keine topographischen
Angaben, es sei denn diese, daß Eteokles auf seinem Rundgang wäh-
rend des Kampfes zuerst Zeuge des Todes des angreifenden Partheno-
paios an einem Tor wird und sich dann befriedigt zum nächsten Tor be-
gibt, wo Tydeus der Angreifer ist (1163). Nach dem vorangehenden
Stück über die Verteilung der Heerhaufen steht Parthenopaios am Nei-
dschen Tor im Nordwesten (1104), Tydeus am Homoloischen Tor im
Südosten der Stadt (1119). Diese Diskrepanz zwischen Schlachtschilde-
rung und Aufmarsch-Schilderung innerhalb des Botenberichtes ver-
stärkt den Eindruck, daß das zweite Element (1104—1140) eine Inter-
polation darstellt. Das gilt um so mehr, als die benachbarten Positionen
des Tydeus und des Parthenopaios, die Euripides im „echten“ Kampf-
bericht voraussetzt, genau mit der Aufstellung der beiden in den ‘Sie-
ben’ des Aischylos übereinstimmt. Dieser versetzt Tydeus an das Proiti-
dentor (375ff.), Parthenopaios an das Nordtor (526ff.). Für beide Tore
ist ihre Lage hinlänglich gesichert. Bezeichnend scheint mir aber, daß es
Euripides vermeidet, seine Übereinstimmung mit Aischylos durch die
Verwendung der entsprechenden Toponyme zu unterstreichen.
Man darf nun weiterhin nicht übersehen, daß auch zwischen dem all-
gemein für echt gehaltenen Anfang des Botenberichtes (1090-1103)
und dem Dialog Kreon/Eteokles (730; 752) Unterschiede in den topo-
graphischen Angaben bestehen, die man nur ungern ein- und demsel-
ben Dichter oder Entwurf zutrauen möchte. Der Anfang des Botenbe-
richtes beschreibt den geschlossenen Anmarsch des Heeres aus dem
Nordosten, aus der Richtung des 12 km entfernten Teumessos. In der
viel früheren Unterhaltung zwischen Kreon und Eteokles ist dagegen
vom feindlichen Heer oder doch von wesentlichen Teilen des feindli-
chen Heeres am Dirke-Bach im Westen der Kadmeia die Rede.
4 Euripides hat wohl mit Bedacht im (originalen) ersten Botenbericht das Opfer vor der
Schlacht ausgespart, denn dieses Motiv wird später, im zweiten Botenbericht über den
Zweikampf der Brüder, eine Rolle spielen (1255ff.).
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bende Marschbewegung ab 1104 jedoch eigentlich vorzustellen habe,
wenn schon HOlff. vom Sturm auf die Stadt mit Trompetenschall und
Schlachtruf die Rede ist, bleibt ein Rätsel. Ebensowenig kann man sich
einen Vers darauf machen, daß Amphiaros die Opfertiere, die doch nur
für ein die Schlacht eröffnendes Opfer bestimmt sein können, auf dem
Wagen mitführt (1110), andererseits zu einem solchen Opfer gar keine
Zeit bleibt, wenn schon der Vers 1103 vom Sturm auf die Mauern er-
zählt4.
Die Schlachtschilderung von 1141 an enthält keine topographischen
Angaben, es sei denn diese, daß Eteokles auf seinem Rundgang wäh-
rend des Kampfes zuerst Zeuge des Todes des angreifenden Partheno-
paios an einem Tor wird und sich dann befriedigt zum nächsten Tor be-
gibt, wo Tydeus der Angreifer ist (1163). Nach dem vorangehenden
Stück über die Verteilung der Heerhaufen steht Parthenopaios am Nei-
dschen Tor im Nordwesten (1104), Tydeus am Homoloischen Tor im
Südosten der Stadt (1119). Diese Diskrepanz zwischen Schlachtschilde-
rung und Aufmarsch-Schilderung innerhalb des Botenberichtes ver-
stärkt den Eindruck, daß das zweite Element (1104—1140) eine Inter-
polation darstellt. Das gilt um so mehr, als die benachbarten Positionen
des Tydeus und des Parthenopaios, die Euripides im „echten“ Kampf-
bericht voraussetzt, genau mit der Aufstellung der beiden in den ‘Sie-
ben’ des Aischylos übereinstimmt. Dieser versetzt Tydeus an das Proiti-
dentor (375ff.), Parthenopaios an das Nordtor (526ff.). Für beide Tore
ist ihre Lage hinlänglich gesichert. Bezeichnend scheint mir aber, daß es
Euripides vermeidet, seine Übereinstimmung mit Aischylos durch die
Verwendung der entsprechenden Toponyme zu unterstreichen.
Man darf nun weiterhin nicht übersehen, daß auch zwischen dem all-
gemein für echt gehaltenen Anfang des Botenberichtes (1090-1103)
und dem Dialog Kreon/Eteokles (730; 752) Unterschiede in den topo-
graphischen Angaben bestehen, die man nur ungern ein- und demsel-
ben Dichter oder Entwurf zutrauen möchte. Der Anfang des Botenbe-
richtes beschreibt den geschlossenen Anmarsch des Heeres aus dem
Nordosten, aus der Richtung des 12 km entfernten Teumessos. In der
viel früheren Unterhaltung zwischen Kreon und Eteokles ist dagegen
vom feindlichen Heer oder doch von wesentlichen Teilen des feindli-
chen Heeres am Dirke-Bach im Westen der Kadmeia die Rede.
4 Euripides hat wohl mit Bedacht im (originalen) ersten Botenbericht das Opfer vor der
Schlacht ausgespart, denn dieses Motiv wird später, im zweiten Botenbericht über den
Zweikampf der Brüder, eine Rolle spielen (1255ff.).