Metadaten

Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1981, 9. Abhandlung): Antike Spuren im Tübinger Wappen: zur Frage der Verwertung und Umdeutung numismatischer Motive ; vorgelegt am 13. Juni 1981 — Heidelberg: Winter, 1981

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47802#0009
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Das Thema*, so positivistisch seine Durchführung auch erscheinen
mag, steht in einer geistesgeschichtlichen Tradition. Der Verfasser
fühlt sich dabei besonders mit Aby Warburg verbunden, dessen Le-
benswerk heute wieder stärker beachtet wird. Ihm ging es um die Mit-
wirkung des Auges an der Verstandesarbeit bei der Entschlüsselung
rätselhafter Symbole, und um den Blick aufs Allgemeine, wie er nur
auf dem Weg über das Spezielle zu gewinnen sei, um nur einiges
Wesentliche anzudeuten. Für all dies hatte Warburg übrigens eine
neue Terminologie zur Hand. Was ich hier vorweisen möchte, hätte er
etwa als Inversion der Überlieferung bezeichnet1.
Daß man im hohen Mittelalter, insbesondere zur Stauferzeit, gele-
gentlich antike Münzbilder fast originalgetreu in die eigene Geldprä-
gung übernahm, ist dem Numismatiker geläufig. Das markanteste Bei-
spiel ist wohl jene Bronzemünze des sizilischen Normannenkönigs
Wilhelm II. (1166-89), den ein antikes Tetradrachmon von Rhegion, aus
der 2. Hälfte des 5. vorchristlichen Jahrhunderts, dazu angeregt hat, die
dort dargestellte Löwenmaske gleichsam wörtlich wieder abzubilden
(Abb. I)2. Bei dem, worauf ich im folgenden die Aufmerksamkeit len-
ken möchte, geht es jedoch nicht um solche Anleihen schlechthin, son-
dern um eine jeweils alsbald erfolgende, aus Mißverstehen her-
rührende Umdeutung, die meist mit einer entsprechenden Verände-
rung des Münzbildes Hand in Hand ging.
In der Zeit vor dem ersten Weltkrieg war ich Mitglied eines Jugend-
bundes in München, der den kriegerischen Namen „Bayrischer Wehr-
kraftverein“ führte, aber in Wirklichkeit einen 'jugendbewegten’ Stil,
etwa zwischen Wandervogel und Pfadfindern pflegte. Zu der uniform-
* Erweiterte und mit Anmerkungen versehene Fassung eines Vortrags, der zunächst
auf dem Internationalen Numismatiker-Kongreß in Bem im September 1979 und
dann auch in Tübingen etc. gehalten wurde.
1 Zur Würdigung Warburgs vgl. jetzt D. Wuttke, Aby M. Warburgs Methode als
Anregung und Aufgabe... 31979, sowie die Warburg-Gedenkschrift: Mnemosyne...
hrsg. v. St. Füssel 1979; ferner Aby M. Warburg, Ausgewählte Schriften und
Würdigungen. Hrsg. v. D. Wuttke ...21980; schließlich auch die vortreffliche Ein-
führung durch den Wiener Kunsthistoriker Werner Hofmann, Die Menschenrechte
des Auges. Aby Warburg - Das Werk eines ungewöhnlichen Kunsthistorikers. In:
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 3. Nov. 1979.
2 Vgl. Joh. Porteous, Münzen (1964) S. 60 (mit Abbildungen).
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften