Metadaten

Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1981, 9. Abhandlung): Antike Spuren im Tübinger Wappen: zur Frage der Verwertung und Umdeutung numismatischer Motive ; vorgelegt am 13. Juni 1981 — Heidelberg: Winter, 1981

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47802#0028
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
26

Hildebrecht Hommel

Tübinger hat den vorderen Turm einfach weggelassen, wodurch der
rhombische, von den Türmen eingeschlossene Bezirk nicht mehr als
solcher erkennbar ist, wenn man nicht entsprechende Vorbilder heran-
zieht.
Was aber das Tübinger Vorderseitenbild dieses pfalzgräflichen Typs
erst eigentlich rätselhaft macht, ist die Tatsache, daß sich die Befesti-
gungsanlage hier von Anfang an über drei Ringen erhebt. Man hat es
sich in der Forschung entweder leicht gemacht, indem man sie einfach
ignoriert oder als „Füllomament“ erklärt hat59, oder man hat sogar die
radikale Lösung vorgeschlagen, das Ganze sei um 180° zu drehen und
habe überhaupt nur als rohe Zeichnung der Tübinger Wappenfahne
zu gelten60. Die Unmöglichkeit dieses Vorschlags wird evident, wenn
man damit ernst macht, indem man das Bild des Tübinger Pfennigs auf

59 Elis. Nau aO. (1953), S. 1923. Hier heißt es, die Ringe stünden als solche „frei
im Feld“, was jedoch für den mittleren Ring nicht zutriffL Vielmehr sind sie
zweifellos als zusammengehörig aufzufassen. Um ihre Deutung der Ringe als bloße
Ornamente zu retten, betont Elis. Nau aO. (1954), S. 152, daß in einem Fund
aus Owingen vom Jahr 1951 die Tübinger Pfennige auch „zwischen den Turm-
spitzen zwei Ringel“ zeigen, und daß im übrigen bei manchen Exemplaren „im
Feld“ mehr als zwei Ringel erscheinen. Wenn dies zutrifft (die schlechte Erhal-
tung der Pfennige läßt oft keine klare Diagnose zu), dann mag es sich um Spielerei
einzelner Stempelschneider handeln. Aber die weitaus überwiegende Zahl der
Pfennige zeigt eben wie auf unserer Abbildung ganz stereotyp die drei Ringe
unterhalb der Türme in symmetrischer Verteilung. Schließlich kommt Elis. Nau
(S. 154) im Blick auf das Phänomen noch auf eine weitere besonders scharf-
sinnige Lösung: „die Ringel ... erklären sich aus den O’s in den Stadtnamen
Mogoncia“ des von ihr postulierten (von uns oben mit guten Gründen zurück-
gewiesenen) Vorbilds, worin sie die Mainzer Pfennige mit der Darstellung einer
Kirchenfassade und mit dem Stadtnamen als Legende erblickt. Es hieße nebenbei
bemerkt dem primitiven Tübinger Stempelschneider zu viel Ehre antun, wenn man
ihn auf die gleiche Stufe stellt mit jenen ostkeltischen Künstlern, welche die
Schriftlegende der Tetradrachmen von Thasos so eindrucksvoll zu Ornamenten
umgestaltet haben. Dasselbe auch in anderen Fällen und Bereichen; s. etwa die
Abbildungstafel in: Die Kelten in Baden-Württemberg 1981 neben S. 234 (in dem
Beitrag von D. Mannsperger, Münzen und Münzfunde, s. 228ff.).
60 So M. Eimer aO. (1945) S. 21 mit entsprechender auf den Kopf gestellter Ab-
bildung, dazu die Anm. 20 auf S. 254f. Lebhaft widersprochen hat Elis. Nau aO.
(1953), S. 1923: „bei genauer Betrachtung ganz unmöglich ... Es bleibt dabei: das
Tübinger Münzbild ist eine symbolische Stadtdarstellung, keine Fahne.“ Ihr schließt
sich mit Recht an J. Sydow, Gesch. der Stadt Tübingen 1. 1974, S. 33: „unmög-
lich, in der dreitürmigen Darstellung, wie es teilweise geschehen ist, die (auf den
Kopf gestellte) dreilatzige Pfalzgrafenfahne, das spätere Wappen des Geschlechts
und der Stadt, sehen zu wollen“.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften