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Hengel, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1982, 1. Abhandlung): Achilleus in Jerusalem: eine spätantike Messingkanne mit Achilleus-Darstellungen aus Jerusalem ; vorgelegt am 28. November 1981 — Heidelberg: Winter, 1982

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https://doi.org/10.11588/diglit.47804#0027
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Achilleus in Jerusalem

17

Man könnte sich fragen, ob der Künstler die dreimalige Verfol-
gung Hektors um Troja schildern will7, oder ob er - in relativ freier
Gestaltung - nur darstellt, wie Hektor strauchelt, um unmittelbar
danach von der Lanze des Achilleus durchbohrt zu werden. Nach
der Ilias findet dagegen ein wirklicher Zweikampf statt, bei dem
Hektor, nachdem sein Speer am Schild des Achilleus abgeprallt
war, den Peliden mit dem Schwert angreift8. Indem unsere Kanne
gegen die Tradition den Fliehenden bereits waffenlos darstellt, zeigt
sie gegenüber dem Stoff der Ilias eine beträchtliche Freiheit.
Grundsätzlich wird man vielleicht hinzufügen müssen, daß der-
artige Zweikampfszenen zwischen verschiedenen Helden in der
antiken Kunst von der archaischen Zeit an beliebt und verbreitet
waren. Die beiden Darstellungen auf Seite A bilden so die letzten
Ausläufer einer langen Traditionskette, ihre weiter zurückliegen-
den, letzten Vorbilder sind wohl in den älteren volkstümlichen
Kampfesschilderungen auf den homerischen Bechern der hel-
lenistischen Zeit zu suchen, wo sich ebenfalls Einzelkämpfer ge-
genüber stehen und wo Bewaffnung und Helmform (s. u. S. 41ff)
schon relativ ähnlich sind9.
2.2 Die Tötung Hektors entspricht eher der Ilias, wo Achilleus mit
seinem Speer den Gegner am Halsansatz trifft. Hektor „sinkt in den
Staub“, ist jedoch noch am Leben10. Trotz des ausgebrochenen
Mittelstücks ist deutlich, daß dieser Augenblick dargestellt werden
soll. Der traditionellen, bereits auf frühen Vasen vorherrschenden
Ikonographie entspricht, daß Achilleus von der linken Seite her
angreift. Auch daß Hektor schon verwundet zu Boden gesunken ist,
um den Todesstoß zu empfangen, ist ein sehr verbreitetes Motiv11.
Ob er Schild und Schwert hält, ist aufgrund der Beschädigung der
7 Vgl. Homer, Ilias 22, 136-166. 188-208, vgl. 251. Herr Kollege Kannicht macht
darauf aufmerksam, daß auf archaischen Darstellungen schnelles Laufen in
ähnlicher Weise durch den sog. „Knielauf‘ ausgedrückt ist.
8 ib. 290-311.
9 Zu den homerischen Bechern s. C. Robert, Homerische Becher, in: Fünfzigstes
Programm zum Winckelmannfeste d. archaeol. Ges. zu Berlin, 1890, 1-97 (26.
30. 39); U. Hausmann, Hellenistische Reliefbecher, 1959, 35 f. 38 ff. 43. T. 12, 3;
T. 14, 1. 2; U. Sinn, Die homerischen Becher, 1979, MB 5-12. 23-31. Vgl. auch
u. Anm. 14.
10 22, 319-330. 337 ff. 355 ff.
11 LIMC I s. v. Achilleus Kap. XIX. Tod Hektors Kommentar und Nr. 565-81.
S. 134-138.
 
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