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Bohnert, Joachim; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1982, 2. Abhandlung): Paul Johann Anselm Feuerbach und der Bestimmtheitsgrundsatz im Strafrecht — Heidelberg: Winter, 1982

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https://doi.org/10.11588/diglit.47805#0026
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Joachim Bohnert

kann also nur heißen: Warum legt Feuerbach überhaupt auf die
partielle Beibehaltung der Freiheit Wert und entscheidet sich nicht
ganz und ausnahmslos für den Determinismus? Anders formuliert:
Wo braucht er den Begriff der Freiheit?
Er braucht ihn im Staatsrecht und damit in der Begründung von
Strafe und Strafrecht. Sinn des Strafgesetzes ist die Abschreckung,
Zweck der Abschreckung ist die Sicherheit des Staates. Dessen Ge-
fährdung durch gewisse Antriebe der Sinnlichkeit verlangt nach dem
Strafgesetz. Also liegt der Grund des Strafgesetzes im Staat.
Während aber Feuerbach das gesamte Feld des Strafrechts unter
der Voraussetzung der Determination vorstellte, ergibt sich nun der
Widerspruch, daß er den Staat aus dem Begriff der Freiheit konstruiert.
Wie sieht diese Konstruktion des Staates aus?
Im Anschluß an die Tradition der rationalistischen Staatsphilo-
sophie68 behauptet Feuerbach den Staat als das Resultat zweier
Verträge:
1. des Gesellschaftsvertrags69,
2. des darauffolgenden Unterwerfungs Vertrags70.
Die praktische Vernunft löst mit Hilfe dieser beiden Konstruktionen
das Problem, „einen Stand aufzufinden, in welchem die Freiheit
des Menschen gesichert ist, oder mit anderen Worten: einen Stand
der Sicherheit, in welchem der Mensch so frei ist, als er es seiner
vernünftigen Natur gemäß sein soll“71, wie Feuerbach in seinem
„Anti-Hobbes oder über die Grenzen der höchsten Gewalt und das
Zwangsrecht der Bürger gegenüber den Oberherm“ ausführte. In
der Konstruktion des Staates tritt die Freiheit als der Vemunftgrund
seiner Existenz hervor.
Zwar ist es nicht unbedingt notwendig, daß die Theorie vom Ge-
sellschaftsvertrag mit der Annahme von Freiheit einhergehe. Spinoza
hat ein Beispiel des Gegenteils gegeben. Doch Feuerbachs Ansicht
stützt sich auf die Freiheit. Er wollte die staatsbürgerliche Freiheit

68 Zum Verhältnis des Kantischen Staatsbegriffs zum Feuerbachischen: Naucke
(o. Anm. 25), S. 69-71, dessen Einwände gegen die Annäherung beider durch
Döring (o. Anm. 44), S. 37, und Grünhut (o. Anm. 12), S. 89, allerdings
nicht überzeugen.
69 Anti-Hobbes, S. 21ff
70 Anti-Hobbes, S. 28f.; Über die Strafe, S. 56/57.
71 Anti-Hobbes, S. 19/20; vgl. auch Lehrbuch, S. 13/14 (§§ 8-10).
 
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