Die orientalisierende Epoche
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kaum je in einen allgemeineren Rahmen des Kulturaustausches eingeordnet.
Freilich bestehen auch hier spezifische Schwierigkeiten des Vergleichs: das keil-
schriftliche Material ist überreich, doch noch nicht abschließend erschlossen2,
das etruskische ist verloren und läßt sich nur bruchstückhaft aus lateinischen und
griechischen Texten zurückgewinnen. Die Entsprechung von etruskischer und assy-
rischer Hepatoskopie wurde augenfällig, sobald man die etruskische Bronzeleber
von Piacenza3 mit dem assyrischen Tonmodell einer Leber im Britischen Museum4 5
zusammenstellte; weitere Exemplare sind später dazugekommen. Zwar bringt die
Praxis des Schlachtens vielerlei unvorhersehbare, ominöse Einzelheiten mit sich,
und besonders die Leber scheint mit ihrer Vielgestaltigkeit allgemein zum Orakeln
einzuladen; darum hat man den direkten Zusammenhang zwischen Orientalischem
und Etruskischem auch wieder in Zweifel gezogen3. Doch daß man ein System
speziell aufs Schafe-Schlachten aufbaut, daß man Schaflebem als Demonstrations-
objekte aus Ton und Metall herstellt und mit Inschriften versieht, dies ist doch
wohl eine Eigentümlichkeit des Korridors vom Euphrat nach Etrurien. In der
Tat sind das assyrische und das etruskische Modell in ähnlicher Weise gegen die
Natur stilisiert6.
Lebermodelle sind die archäologisch faßbaren Dokumente für die Ausbreitung
der mesopotamischen Hepatoskopie. Sie finden sich außer im Zweistromland bei
den Hethitern in Kleinasien, aber auch in Alalah, Teil el Hajj und Ugarit in
Syrien, in Hazor und Meggido in Palästina, schließlich auch auf Cypern. Auch in
Tarsos in Kilikien wurde zur Assyrerzeit assyrische Hepatoskopie betrieben7. Die
2 HKL III 96; eine Grundlage schuf Boissier (1905); reiche Auswahl in Übersetzung bei
Jastrow II (1912) 231-415; Übersicht H. Dillon, Assyro-Babylonian Liver-Divination
(1932); I. Starr, The Bärü Rituals, Diss. Yale (1974); vgl. auch R. Labat, Commentaires
assyro-babyloniens sur les presages (1933); B. Meissner, Omina zur Erkenntnis der Ein-
geweide des Opfertiers, AOF 9 (1933) 118-22; J. Nougayrol, Textes hepatoscopiques
d’epoque ancienne conserves au musee du Louvre, RA38 (1941) 67-88; A. Goetze, Reports
on Acts of Extispicy from Old Babylonian and Kassite Times, JCS 11 (1957) 89ff.; J. Aro,
J. Nougayrol, Trois nouveaux recueils d’haruspicine ancienne, RA 67 (1973) 41-56.
3 Gefunden 1877; W. Deecke, Das Templum von Piacenza, Etruskische Forschungen 4
(1880); Blecher (1905) 201; Thulin II (1906) 20f., 37-9, T. I/II und: Die Götter des Mar-
tianus Capella und die Bronzeleber von Piacenza (1906); Pfiffig (1975) 121-7. - Eine
Tonleber aus Falerii: Nougayrol (1955b) 513, 515-7; Pfiffig (1975) 116f. Abb. 45.
4 BM Bu 89-4-26, 238, veröffentlicht von Th. G. Pinches CT 6 (1898) T. 1-3; A. Bois-
sier, Note sur un monument babylonien se rapportant ä l’extispicine (1899); Thulin II
(1906) T. II; Meissner II (1925) Abb. 40; J. Nougayrol RA 38 (1941) 77-9. Ein zweites
Exemplar, BM Rm 620, Thulin ib. T. III; Boissier (1905) 76-8; ein weiteres Nougayrol
(1966).
5 Blecher(1905) 199-203, 241-5.
6 Thulin II (1906) 30.
7 Lebermodelle der Hethiter: KUB 4, 71-5; 37, 68-72 nr. 216-30; A. Goetze, Kultur-
geschichte Kleinasiens (Handbuch der Altertumswissenschaft, 19572) T. 11, 21; Mari:
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kaum je in einen allgemeineren Rahmen des Kulturaustausches eingeordnet.
Freilich bestehen auch hier spezifische Schwierigkeiten des Vergleichs: das keil-
schriftliche Material ist überreich, doch noch nicht abschließend erschlossen2,
das etruskische ist verloren und läßt sich nur bruchstückhaft aus lateinischen und
griechischen Texten zurückgewinnen. Die Entsprechung von etruskischer und assy-
rischer Hepatoskopie wurde augenfällig, sobald man die etruskische Bronzeleber
von Piacenza3 mit dem assyrischen Tonmodell einer Leber im Britischen Museum4 5
zusammenstellte; weitere Exemplare sind später dazugekommen. Zwar bringt die
Praxis des Schlachtens vielerlei unvorhersehbare, ominöse Einzelheiten mit sich,
und besonders die Leber scheint mit ihrer Vielgestaltigkeit allgemein zum Orakeln
einzuladen; darum hat man den direkten Zusammenhang zwischen Orientalischem
und Etruskischem auch wieder in Zweifel gezogen3. Doch daß man ein System
speziell aufs Schafe-Schlachten aufbaut, daß man Schaflebem als Demonstrations-
objekte aus Ton und Metall herstellt und mit Inschriften versieht, dies ist doch
wohl eine Eigentümlichkeit des Korridors vom Euphrat nach Etrurien. In der
Tat sind das assyrische und das etruskische Modell in ähnlicher Weise gegen die
Natur stilisiert6.
Lebermodelle sind die archäologisch faßbaren Dokumente für die Ausbreitung
der mesopotamischen Hepatoskopie. Sie finden sich außer im Zweistromland bei
den Hethitern in Kleinasien, aber auch in Alalah, Teil el Hajj und Ugarit in
Syrien, in Hazor und Meggido in Palästina, schließlich auch auf Cypern. Auch in
Tarsos in Kilikien wurde zur Assyrerzeit assyrische Hepatoskopie betrieben7. Die
2 HKL III 96; eine Grundlage schuf Boissier (1905); reiche Auswahl in Übersetzung bei
Jastrow II (1912) 231-415; Übersicht H. Dillon, Assyro-Babylonian Liver-Divination
(1932); I. Starr, The Bärü Rituals, Diss. Yale (1974); vgl. auch R. Labat, Commentaires
assyro-babyloniens sur les presages (1933); B. Meissner, Omina zur Erkenntnis der Ein-
geweide des Opfertiers, AOF 9 (1933) 118-22; J. Nougayrol, Textes hepatoscopiques
d’epoque ancienne conserves au musee du Louvre, RA38 (1941) 67-88; A. Goetze, Reports
on Acts of Extispicy from Old Babylonian and Kassite Times, JCS 11 (1957) 89ff.; J. Aro,
J. Nougayrol, Trois nouveaux recueils d’haruspicine ancienne, RA 67 (1973) 41-56.
3 Gefunden 1877; W. Deecke, Das Templum von Piacenza, Etruskische Forschungen 4
(1880); Blecher (1905) 201; Thulin II (1906) 20f., 37-9, T. I/II und: Die Götter des Mar-
tianus Capella und die Bronzeleber von Piacenza (1906); Pfiffig (1975) 121-7. - Eine
Tonleber aus Falerii: Nougayrol (1955b) 513, 515-7; Pfiffig (1975) 116f. Abb. 45.
4 BM Bu 89-4-26, 238, veröffentlicht von Th. G. Pinches CT 6 (1898) T. 1-3; A. Bois-
sier, Note sur un monument babylonien se rapportant ä l’extispicine (1899); Thulin II
(1906) T. II; Meissner II (1925) Abb. 40; J. Nougayrol RA 38 (1941) 77-9. Ein zweites
Exemplar, BM Rm 620, Thulin ib. T. III; Boissier (1905) 76-8; ein weiteres Nougayrol
(1966).
5 Blecher(1905) 199-203, 241-5.
6 Thulin II (1906) 30.
7 Lebermodelle der Hethiter: KUB 4, 71-5; 37, 68-72 nr. 216-30; A. Goetze, Kultur-
geschichte Kleinasiens (Handbuch der Altertumswissenschaft, 19572) T. 11, 21; Mari: