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Gottfried Seebass
heiratet. Zwar hat Michaelson vermutet, der Mann mit unbedecktem
Haupt direkt hinter dem Kurfürsten stelle dessen Bruder und Mit-
regenten, Johann den Beständigen, dar, so daß die weibliche Figur
dem Kurfürsten gegenüber dessen Frau Margarete von Anhalt sein
könnte.51 Diese Identifizierung ließe sich angesichts der umstrittenen
Datierung der Himmelsleiter und des Heiratsdatums Johanns und
Margaretes (13.11.1513) zwar vertreten, kann aber nicht überzeugen,
da Johann auf seinen Portraits stets mit Bart dargestellt ist, der hinter
dem Kurfürsten erscheinende Barhäuptige aber eindeutig bartlos ist.
Daß Friedrich der Weise an der Spitze der Gruppe der Männer her-
vorgehoben kniet, darf man aber keinesfalls als einen „unbescheide-
nen Anspruch des Kurfürsten“ verstehen, der „sich an die Spitze der
Frommen stellt“.52 Dem widerspricht, daß ja auch die gegenüber-
stehende Frauengruppe, die nun eben nicht durch eine markante Per-
sönlichkeit angeführt wird, zu den ‘Frommen’ zu zählen wäre. Ebenso-
wenig kniet Friedrich der Weise dort als „Vertreter der Menschheit“.33
Vielmehr reiht er sich als Gleicher unter Gleichen ein; was für die
gesamte in ihren Ständen vertretene Menschheit Gültigkeit hat, gilt
auch für ihn, nämlich die Himmelsleiter hinanzusteigen. So ist das
Bild einerseits Ausdruck der Frömmigkeit des Fürsten34, andererseits
aber zugleich eine stete Mahnung an ihn. Beides gilt gerade auch dann,
wenn man aus der hervorgehobenen Stellung Friedrichs und den säch-
sischen Wappen folgern darf, daß es sich um eine mindestens mit
Zustimmung des Fürsten, wenn nicht gar in seinem Auftrag her-
gestellte Arbeit Cranachs handelt.
verehrend (ca. 1516), in: Martin Luther und die Reformation in Deutschland, S. 76
u. 119, Nr. 129 (= Friedländer/Rosenberg, Die Gemälde, Nr. 83). Vgl. außerdem
die Freiplastik des knienden Kurfürsten in Adorantenstellung in der Wittenberger
Schloßkirche, die in die Zeit zwischen 1507 und 1520 datiert wird (Abb. bei
Ludolphy, Friedrich der Weise, S. 494, Abb. 6).
51 Vgl. Michaelson, Hans Cranach, Sp. 377.
’2 Diese Möglichkeit will Scheidig, Katalog der Lucas-Cranach-Ausstellung. Weimar
und Wittenberg, S. 68, Nr. 133, zulassen.
53 So Schade in: Kunst der Reformationszeit, S. 108, Nr. B45.
54 Vgl. dazu Ludolphy, Friedrich der Weise, S. 337-486. Zu erwähnen ist insbeson-
dere, daß Friedrich in Johann Vogt einen aus dem Franziskanerorden stammenden
Beichtvater hatte, der ihn zweifellos auch mit den Traditionen dieses Ordens, wohl
auch mit Bonaventura vertraut machte. Jedenfalls schenkte Vogt der zweiten Frau
Herzog Johanns, Margarete von Anhalt, die Legende von Bonaventura (vgl. ebd.
S. 360-363). Es ist deshalb ganz verständlich, daß Friedrichs Frömmigkeit franzis-
kanisch geprägt war (vgl. ebd. S. 367-369). So könnte sich auch daher ein Auftrag
Friedrichs an Cranach zur ‘Himmelsleiter des hl. Bonaventura’ erklären.
Gottfried Seebass
heiratet. Zwar hat Michaelson vermutet, der Mann mit unbedecktem
Haupt direkt hinter dem Kurfürsten stelle dessen Bruder und Mit-
regenten, Johann den Beständigen, dar, so daß die weibliche Figur
dem Kurfürsten gegenüber dessen Frau Margarete von Anhalt sein
könnte.51 Diese Identifizierung ließe sich angesichts der umstrittenen
Datierung der Himmelsleiter und des Heiratsdatums Johanns und
Margaretes (13.11.1513) zwar vertreten, kann aber nicht überzeugen,
da Johann auf seinen Portraits stets mit Bart dargestellt ist, der hinter
dem Kurfürsten erscheinende Barhäuptige aber eindeutig bartlos ist.
Daß Friedrich der Weise an der Spitze der Gruppe der Männer her-
vorgehoben kniet, darf man aber keinesfalls als einen „unbescheide-
nen Anspruch des Kurfürsten“ verstehen, der „sich an die Spitze der
Frommen stellt“.52 Dem widerspricht, daß ja auch die gegenüber-
stehende Frauengruppe, die nun eben nicht durch eine markante Per-
sönlichkeit angeführt wird, zu den ‘Frommen’ zu zählen wäre. Ebenso-
wenig kniet Friedrich der Weise dort als „Vertreter der Menschheit“.33
Vielmehr reiht er sich als Gleicher unter Gleichen ein; was für die
gesamte in ihren Ständen vertretene Menschheit Gültigkeit hat, gilt
auch für ihn, nämlich die Himmelsleiter hinanzusteigen. So ist das
Bild einerseits Ausdruck der Frömmigkeit des Fürsten34, andererseits
aber zugleich eine stete Mahnung an ihn. Beides gilt gerade auch dann,
wenn man aus der hervorgehobenen Stellung Friedrichs und den säch-
sischen Wappen folgern darf, daß es sich um eine mindestens mit
Zustimmung des Fürsten, wenn nicht gar in seinem Auftrag her-
gestellte Arbeit Cranachs handelt.
verehrend (ca. 1516), in: Martin Luther und die Reformation in Deutschland, S. 76
u. 119, Nr. 129 (= Friedländer/Rosenberg, Die Gemälde, Nr. 83). Vgl. außerdem
die Freiplastik des knienden Kurfürsten in Adorantenstellung in der Wittenberger
Schloßkirche, die in die Zeit zwischen 1507 und 1520 datiert wird (Abb. bei
Ludolphy, Friedrich der Weise, S. 494, Abb. 6).
51 Vgl. Michaelson, Hans Cranach, Sp. 377.
’2 Diese Möglichkeit will Scheidig, Katalog der Lucas-Cranach-Ausstellung. Weimar
und Wittenberg, S. 68, Nr. 133, zulassen.
53 So Schade in: Kunst der Reformationszeit, S. 108, Nr. B45.
54 Vgl. dazu Ludolphy, Friedrich der Weise, S. 337-486. Zu erwähnen ist insbeson-
dere, daß Friedrich in Johann Vogt einen aus dem Franziskanerorden stammenden
Beichtvater hatte, der ihn zweifellos auch mit den Traditionen dieses Ordens, wohl
auch mit Bonaventura vertraut machte. Jedenfalls schenkte Vogt der zweiten Frau
Herzog Johanns, Margarete von Anhalt, die Legende von Bonaventura (vgl. ebd.
S. 360-363). Es ist deshalb ganz verständlich, daß Friedrichs Frömmigkeit franzis-
kanisch geprägt war (vgl. ebd. S. 367-369). So könnte sich auch daher ein Auftrag
Friedrichs an Cranach zur ‘Himmelsleiter des hl. Bonaventura’ erklären.