Metadaten

Riedl, Peter Anselm; Giovanni; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1986, 2. Abhandlung): Eine wiederentdeckte "Verkündigung Mariä" von Giovanni di Paolo: vorgetragen am 4. Mai 1985 — Heidelberg: Winter, 1986

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48145#0030
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
28

Peter Anselm Riedl

Altars, obwohl sie noch immer in seinem Verband gezeigt wird. Meine
Vermessung des Nikolaus-Retabels hat ergeben, daß die Breite der
Basis für die seitlichen Bekrönungstafeln 42 cm beziehungsweise 42,2
cm beträgt, was dem Breitenmaß unserer Verkündigungstafeln genau
entspricht52 53. Daß die Heidelberger Bilder ursprünglich wirklich Altar-
bekrönungen waren, wird über die genannten Argumente hinaus
durch einen technischen Umstand belegt: Nach Ausweis des Zustands
der Rückseiten waren die Tafeln jeweils durch eine angeleimte und
zusätzlich angenagelte mittlere Vierkantleiste von ca. 3,5 bis 4,5 cm
Breite mit darunterliegenden Retabelkomponenten verbunden. Die
Deckbretter über den Seitenkompartimenten des Nikolaus-Altars sind
ihrerseits als Basen für Bekrönungen ausgelegt. Sie sind auf den
Wimpergauszügen mit je zwei dicken Eisennägeln fixiert; die Köpfe
dieser Nägel sitzen in ausgestemmten kleinen Trichtern und die Brett-
oberseiten sind sorgfältig geglättet, so daß sich eine plane Auflage
ergibt. Die Rückseiten sind dagegen nur im Mittelbereich sauber bei-
gefeilt; eben dort und auf den Holzflächen darunter sind - in Form von
Ausbrüchen und Nagellöchern - Spuren einer einstigen Haltevorrich-
tung für Bekrönungstafeln auszumachen. Selbst die mittlere obere
Tafel, welche die seitlichen in der Größe um einiges übertroffen haben
muß, wurde, wie Abarbeitungen und Beschädigungen der Platte über
dem Zentralkompartiment beweisen, einst von einer einzigen Dorsal-
leiste gestützt.
Einen weiteren Hinweis auf die Funktion der Heidelberger Bilder
als Altarbekrönungen geben die groben Sägeschnittspuren an den
Giebelschrägen: Ursprünglich waren hier sicherlich flammenartig stili-
sierte Krabben vorhanden, wie sie beispielsweise auf den Spitzbogen-
arkaden und den Giebelschrägen des Nikolaus-Retabels begegnen.
Weisen alle diese Fakten etwa auf eine frühere Zugehörigkeit der
Verkündigungstafeln zum Nikolaus-Retabel? Immerhin sind auch die
stilistischen Affinitäten nicht zu vergessen - es sei noch einmal an die
große Ähnlichkeit der Verkündigungsmaria mit der hl. Klara des Niko-
laus-Retabels erinnert! -, außerdem eine Tatsache, der für sich schon
beträchtlicher Zeugniswert zukommt: Die Nimbenmuster auf dem
Nikolaus-Altar und auf den Verkündigungsbildern entsprechen einan-
52 Diese Maße entsprechen der Breite des sockelartigen Aufsatzes über jedem der
seitlichen Wimperge, und zwar unterhalb des mehrfach profilierten Abschluß-
gesimses. Ich gehe davon aus, daß dieses Breitenmaß für die Bekrönungsbilder
verbindlich gewesen sein muß.
53 Ich konnte bislang noch keine Wachsabdrücke nehmen, sondern mußte mich auf
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften