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Riedl, Peter Anselm; Giovanni; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1986, 2. Abhandlung): Eine wiederentdeckte "Verkündigung Mariä" von Giovanni di Paolo: vorgetragen am 4. Mai 1985 — Heidelberg: Winter, 1986

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https://doi.org/10.11588/diglit.48145#0009
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Aus dem heimischen Kunsthandel gelangte 1980 ein Tafelpaar mit
der Darstellung der Verkündigung Mariä in Heidelberger Privat-
besitz1. Die Attribution, die auf „vermutlich Mainfranken“ lautete,
wurde vom jetzigen Eigentümer in einem bemerkenswerten Akt
intuitiver Tendenzdiagnose zugunsten Italiens berichtigt. Meine
anfängliche Skepsis, die nicht zuletzt durch den problematischen
Erhaltungszustand bedingt war, wich bei näherer Beschäftigung
schnell der Erkenntnis, daß es sich in der Tat um ein toskanisches
Werk des fünfzehnten Jahrhunderts handeln mußte, genauer: um eine
Arbeit des Sienesen Giovanni di Paolo. Schon vor der - inzwischen
von Klaus Büchel in München gewissenhaft besorgten2 - Restaurie-
rung konnte ich genügend Argumente für die Autorschaft Giovannis
sammeln. Jetzt, nachdem sich das Tafelpaar zwar nicht in ursprüng-
licher Frische, aber doch in einer respektablen Verfassung präsentiert,
glaube ich, die Beweiskette schließen und genauere Aussagen über
Funktion und Entstehungszeit der Verkündigungskomposition
machen zu dürfen.
Die Tafeln, deren eine die Engelsdarstellung und deren zweite das
Marienbild trägt, sind material-, großen- und formidentisch. Die Breite
der fast 4 cm dicken Pappelbretter beträgt, einschließlich Rahmenlei-
sten, ca. 42,5 cm; bis zur Höhe von ca. 65 cm ist, außen gemessen, der
Aufriß hochrechteckig, dann folgt ein eingezogener Spitzgiebel, der
1 Die Bilder kommen aus dem disparaten Nachlaß des Kunsthändlers und Auktio-
nators Alois Stegmüller. Vgl.: Antiquitäten- und Kunsthandel Gebr. D. & W. Ber-
linghof GmbH, Heidelberg: 22. Kunst-Auktion, 21. und 22. November 1980, Kata-
log S. 76 (Nr. 893), Abb. S. 170, 171: „Anonymer Meister, um 1500, vermutlich
Mainfranken...“. - Über die Geschichte der Tafeln zwischen 1863 (vgl. S. 24ff.)
und dem Auftauchen in der Auktion habe ich nichts in Erfahrung bringen können.
Ich habe mich bemüht, eventuellen Erwähnungen der Bilder auf die Spur zu
kommen, auch unter Namen von Künstlern, deren Autorschaft man neben der des
Giovanni di Paolo in Erwägung ziehen könnte. Die Vergeblichkeit dieser Be-
mühungen berechtigt mich zu der Annahme, daß die Tafeln nach 1863 niemals
Gegenstand wissenschaftlicher Beschäftigung waren und daß sie möglicherweise
schon im letzten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts in (deutschen?) Privat-
besitz gelangt sind.
2 Informationen über den Zustand der Tafeln sowie über konservatorische und
restauratorische Maßnahmen finden sich im Anhang zitiert (vgl. S. 35ff.). Ich
danke den Herren Restauratoren Klaus Büchel, München, und Friedrich Schmid,
Stuttgart, herzlich für alle Auskünfte sowie den Herren Dr. August Rave und
Dr. Michael Semff, Stuttgart, für kollegiale Hilfe!

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