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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1986, 5. Abhandlung): Symmetrie im Spiegel der Antike: vorgetragen am 7. Juni 1986 — Heidelberg: Winter, 1987

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https://doi.org/10.11588/diglit.48148#0025
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Symmetrie im Spiegel der Antike

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großen Mathematiker als Schöpfer des Wortbegriffs philosophia
benennt (FVS1454,36f. = A 15), auch davon, daß Pythagoras täs sym-
metrias tas en tois arithmois ... kai harmonias kalei, d. h. daß er die in
der Arithmetik sich ergebenden Proportionen außer Symmetrien auch
Harmonien benannt habe33, ähnlich dann Demokrit, der ebenfalls
symmetria und harmonia synonym gebraucht (FVS II 129, 15 = A
107). Natürlich kann Pythagoras das Wort symmetria auch bereits
übernommen haben, wie es bei harmonia sicher der Fall ist.
Denn die Sache, die das Wort ausdrückt, hat es ja lang vorher gege-
ben, d. h. nach unserem Wortgebrauch im weiteren Sinn als ‘Propor-
tion’, wie natürlich auch in dem engeren, uns heute geläufigen als
‘Symmetrie’. Die Griechen gebrauchen dafür also, wie wir eben sahen,
in der allgemeineren Bedeutung gern den Ausdruck harmonia^, die
‘Gefugtheit’, wie wir übersetzen könnten, und ebenso das Wort rhyth-
mos, die geregelte Bewegung35, wobei wir mit harmonia (zu harmottein
surabilität) und bietet dazu weitere Literatur. H. Knell S. 158 m. Abb. 2 erinnert
außerdem an die sogenannte Tetraktys des Pythagoras, der aus den Zahlen 1 bis 4
(etwa je durch die entsprechende Anzahl von Punkten angedeutet) ein gleichsei-
tiges Dreieck gebildet hat (doch hätte der Verf. bei der Verwendung der Ausdrücke
Pythagoreer und pythagoreisch das e nicht durch ein ä ersetzen sollen).
33 Bei W. Burkert, Weisheit und Wissenschaft. Studien zu Pythagoras, Philolaos
und Platon 1962, 37 heißt es: „Ordnung, Entsprechung, Harmonie, in dieser Weise
mag man das Grundanliegen des Pythagoras zu fassen versuchen“ (wobei dann
noch auf die Verwandtschaft der Wörter harmonia und arithmos hingewiesen
wird). - Auf die Verbindung von Zahl und Symmetrie weist auch ein Diskussions-
beitrag von W. v. Engelhardt nachdrücklich hin, mit der zusätzlichen Bemer-
kung, daß etwa in unseren Tapetenmustern die symmetrische Anordnung von
Ornamenten mit der Zahl ‘unendlich’ gekoppelt erscheint.
An verborgener Stelle hatte schon Johs. Stroux Wesentliches über die Rolle
der Harmonia in Pythagoras’ Philosophie formuliert; s. Resümee seines Berliner
Vortrags von 1943 über ‘Harmonie als Wesenszug griechischen Denkens’ (in: Kl.
Scholder, Die Mittwochsgesellschaft. Protokolle ... 1982, S. 321-324, hier 323 -
frdl. Hinweis von E. Zinn). Vgl. jetzt auch H. Götze aO. (Anm. 9) a) 14f. = b) 72.
34 J. Stroux aO. hat die Bedeutung der Harmonie für die Griechen an ihrer Kosmo-
logie, Ethik und Kunst aufgezeigt. Nach seiner richtigen Feststellung korrespon-
diert mit ihr im zweiten dieser Bereiche die hellenische Kardinaltugend der Soph-
rosyne (von Stroux S. 323 geradezu mit „das Maß und die Symmetrie“ übersetzt).
Ebenfalls in der Ethik wie dann in der Theorie der Rhetorik entspricht der har-
monia das prepon, das ‘Geziemende, Passende’ (s. dazu meinen Artikel im Lexikon
der Alten Welt 1965, Sp. 2429), zum prepon in der Kunst s. Philostratus, Imagines
II 1,3.
35 Über Symmetrie und Rhythmus im Sinn von ‘Proportion’ s. a. Bernhard Schweit-
zer, Xenokrates von Athen (Königsberg 1932), jetzt in: B. Sch., Zur Kunst der
Antike. Ausgewählte Schriften I 1963, S. 105ff. hier 117ff. u. 160 unt.
 
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